Freitag, 25. August 2006

Von Forellen

Ein grosser, kräftiger Mann öffnete mit seiner linken, wuchtigen Hand den zu kleinen Knopf seines rechten Hemdärmels. Dann fasste er mit den vier Fingern unter die Ärmelkrempe und stiess dabei gleichzeitig den Daumen von der Gegenseite gegen das verdickte Absatzstück. In der Weise faltete der grosse, kräftige Mann seinen rechten Ärmel sozusagen rollend, Lage für Lage, nach hinten über die Höhe des Ellbogens. Dann drehte er sich langsam mit der Hüfte zum Kaltwasserbecken und streckte seinen Arm bis zum Hemdanschlag langsam und sachte ins kalte Wasser. Das Kaltwasserbecken wimmelte wellig von dunkelgrauen, bläulich schimmernden Frischwasserfischen, Forellen, um genau zu sein, von Bachforellen, gross und fest, wie alles Ländliche. 

Der kleine Junge, der bisher alles beobachtet hatte, ängstigte sich etwas darüber, dass der grosse, kräftige Mann seinen Arm unter die Tiere trieb. Noch wusste der Junge nicht, was er vor hatte. Nur alles sehen konnte er, da das Becken aus Glas und die Scheibe nicht angelaufen war. Der grosse, kräftige Mann lächelte den Buben an, der sich über die Nervosität der Tiere erschrak und sprach: "Schau, es sind schnelle, gescheite und schöne Tiere. Sie wissen, dass ich ins Wasser greife." ... und dann gelang es dem grossen, starken Mann, einer schillernden Bachforelle mit seinem dicken Zeigefinger den Nacken zu streicheln. Einfach mit dem Handrücken des Zeigefingers, vom Kopf bis zur ersten Rückenflosse und zurück. Das Tier, zuvor noch verängstigt mit den anderen im Kreis geschwommen, hielt still und war so ruhig, so seitlich am Glas, dass der Junge die Ruhe spüren konnte. 

Noch während der grosse, kräftige Mann seinen Arm aus dem Becken zog, sagte er zum Jungen: "Das geht auch mit Hühnern, Katzen, Hunden, Kühen und Pferden. Du musst nur die Stelle kennen." Dann legte er seine Hand dem Jungen über den Nacken auf dessen linke Schulter, sah ihn von oben herab lächelnd an, nickte zur Bestätigung schweigend und liess den nun völlig ruhig dastehenden Jungen für einen Moment mit seinem Staunen alleine.



Text von Jona Jakob, August 2006 - Copyright Jona Jakob ©