Sonntag, 28. Juni 2015

Tunesien - und mein Liegestuhl in Ägypten

Es ist Sonntag, ich muss hier sitzen, im privaten Zuhause bei Frankfurt.

Noch am Donnerstag zuvor bin ich aus Ägypten hergereist, wo ich morgens mit meiner Liebsten früh zweimal um die Lagune ging, Geschäftliches besprechend. Wir hatten eine Woche Urlaub dort verbracht, in jenem Resort, das keinen Deut anders aussieht und angelegt ist, als das Resort in Sousse.

Zwei Tage noch früher fuhr uns ein netter Kerl mit seinem Taxi zu einer Mall und vereinbart wieder zurück. Er gehört zu hoteleigenen Taxiorganisation. Als wir aufs Gelände fahren wollen, ist da nicht nur erst der Torwächter mit drei bis fünf Mann, sondern auch einer, der den Unterboden des Wagens mit einem Spiegel abcheckt. Am Fahrerfenster redet man befreundet darüber, dass man sich ja kennen würde. Aber es wird kontrolliert bis hin zum Kofferraum.

Nach dem Durchlass lache ich den Fahrer an, der uns auch etwas vom Ramadan erzählt hatte und sagte: "Schaue es dir an, du kannst Ramandan-fasten, du kannst beten, du kannst ein durchaus Gläubiger sein - aber: sie trauen dir nicht. - Du hast keine Chance, ein ordentlicher Mensch zu werden, so lange sie dir die Bomben und den Anschlag zutrauen. Sie halten dich unten, egal wie du dich bemühst." Er verstand meine Ironie und wir lachten alle und er sagte, ich hätte vollkommen Recht.

Mit diesen wirklich geringen Kontrollen, da ich von meinen Middle-East-Geschäftsreisen weitaus strengere und vermehrte kenne, geriet ich, ohne ein Wort meiner Liebsten zu sagen, gedanklich zur Vorstellung, ein Trupp Terroristen würde das Resort überfallen, mit Handwaffen, und wir, meine Liebste und ich, wären vielleicht im Zimmer oder auf einem der Liegestühle. Ich dachte und träumte innerlich echt davon, was ich dann für uns tun würde! Ich war bei den Ängsten meiner Partnerin, beim eigenen Verhalten, bei Flucht- und Schutzstrategien, beim Versuch, zu überleben und nicht zuletzt sah ich mich vor einem Gewehrlauf, nur um zu versuchen zu erfühlen, wie ich da reagieren könnte. Aber: bei allem Versuchen, ich weiss es nicht. Da muss es Mittwoch gewesen sein, und ich hielt daher den Mund.

Am vergangenen Freitag dringen zwei Täter vom Strand her in ein Resort, sprechen urlaubende Fremde an und fangen an, sie zu erschiessen. Um das Unvorstellbare irgendwie zu fassen zu kriegen, zeigt man im Fernsehen Bilder, wie ich es mir vom eigenen Resort machen kann - es sieht um keinen Deut anders aus, als in Sousse und hätte auch dort passieren können.

Hier sitzen, am heutigen Sonntag, hat etwas von 'müssen', da 'damit'.

Jona Jakob