Montag, 30. Dezember 2019

Erzaehl mir einen Zauber

Vorneweg:
Meine ae-Taste funzt nicht und ich mag mich nicht beugen.

Erzaehl mir einen Zauber
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Ich habe in einem der vielen tollen Aschaffenburger Fachgeschaefte, bei Schmuckdesign Irina Esser,  vor zwei Tagen einen Bergkristall geschenkt bekommen. Von der Inhaberin persönlich angeboten in einem Glas für Berliner Kindl Weisse, welches voller solch runder Kugeln war.  Ich suchte mir meinen Handschmeichler aus allen Handschmeichlern aus und bin seither damit glücklich. Dieser Kristall hat nicht nur unzaehlige Heilwirkungen, er fühlt sich einfach wie ein Geschenk an, so fein, so rund, so schmeichelnd - einfach ein kleiner Zauber.

Gestern kam mir die Idee, ich könnte solche Steine zum Abschluss eines Coachings meinen Kleintinnen und Klienten als kleine Dankeschöngeste anbieten. Obwohl mit etwas Zauber bedacht, sind die Dinger in jeder Form neutral, bescheiden und doch liebevoll.

Von der Idee erzaehle ich meiner Liebsten, auch um etwas ihre Reaktion zu erkunden, ob das eine runde Sache sein könnte. Sie war ganz entzückt. Ich frage noch, was die Dinger wohl kosten könnten und stelle mir vor, bei Irina um eine Bestellung anzuhalten. Ihr müßt wissen, die Schmuckdesignerin Irina Esser hat als Person schon so etwas Zauberhaftes an sich. Sprecht mal mit ihr und lasst euch mal in ihren Bann ziehen, so wie sie von Schmuck spricht, von Metallen, Steinen, Holz, Leder, Arbeiten - lasst euch mal etwas von ihr zeichnen, sie kann bezaubernd zeichnen. Ist alles ganz betörend.



Abends, ein paar Stunden spaeter, meine Liebste und ich faulenzen vorm Fernseher rum, zeigt sie mir ein Amazon-Angebot für diese Bergkristall-Handschmeichler. Auf dem Tablet sehe ich einen lieblosen Plastikbeutel mit 30 Steinen für  ein paar wenige Euros und das daemliche Grinsen von einer der Amazon-Versandkartons. Leck mich, der Zauber ist weg.

Und so beschaeftigt mich nun seit gestern Abend die nackte Desillusionierung, die mir die Globalisierung beschert - alles, restlos alles wird zum billigen Scheiß, bloß weil ich es schnell und günstig haben will. Die Ware hat nun den Charme wie so alte Konservendosen, in denen man rostige Naegel sammelt, die man vielleicht noch mal brauchen könnte. Was mir im Internet angeboten wird, ist Wahllosigkeit, Pragmatismus, Seelenleere - der Großkotz namens Konsum.

Ich aber wollte zaubern. Ich mag meine Coachees. Und ich mag schon das herzlose von Selecta-Automaten nicht, aber Amazon, Amazon ist für mich das Grauen. Wenn ihr es mir also mal so richtig besorgen wollt, dann bitte möglichst nicht mit Amazon. Es muss noch andere Wege geben, auch wenn diese mich nur darüber hinwegtaeuschen, nicht doch an einer Stelle von Amazon beliefert worden zu sein. Schenkt mir bitte weiter den Eindruck, die Ware kaeme aus einer verwunschenen Quelle.

Lasst mir den Zauber - ich kann den Preis bezahlen. Der Preis war mir selbst als 10-jaehriger Bub das Peinlichste. Besonders, wenn eine Preisaktion den Kauf beeinflußte. Ich will das nicht. Was ich möchte, ist das Echte, das Richtige, das Wahre - und das wird mir Amazon niemals geben können.

Irina, gerne 30-40 Stück. Und erzaehl mir bloß nicht, die seien auch von Amazon bestellt. Erzaehl mir mit deinem Gesicht, deinen Augen, deiner Stimme und Zugewandtheit etwas wie, die Steine kaemen von einer jungen Frau aus Rumaenien, aus Kasachstan, aus Sibirien und man könne sie nur ganz selten erstehen - immer dann, wenn man der Kunst des Sehens noch faehig sei, sonst würde man diese gar nicht erkennen können. Erzaehl mir einen Zauber.

Ich wünsche Ihnen ein zauberhaftes 2020 - lieben Dank für alles.

Jona Jakob, Aschaffenburg (c) 2019

Samstag, 28. Dezember 2019

"Weißt du, wer man sein könnte?" "Wo - ich kann dir sagen wo ..."

Wenn jemand von euch sich vielleicht fragt, was 'bewegt ihn', den Jona, dann kann als 'Muster', als 'Beispiel' dieser Text von Thomas Assheuer herhalten, der es auf einer Meta-Ebene schafft, die Entwicklungen und Entgleisung eines Botho Strauß darzulegen. 

https://gegneranalyse.de/personen/botho-strauss/#

Dieser Text ist für mein Fühlen und Denken, für meinen Kopf und meine explorierenden Interessen ein Weihnachtsgeschenk, eine Vitaminspritze, eine Bereicherung oder Nahrung überhaupt. SOWAS ist es, wofür sich mir Leben und Streben lohnt. So sehen, erfassen, analysieren und verfassen können. Nun gut, ich habe Koch gelernt - ein minderes Gereichen von Gerichten.

Nie werde ich solch einen Status oder Level erreichen - bestenfalls als Leser, der ob so manch verwendetem Begriff erstarrt und doch in der Lage ist, den Gedanken DIESES Textes zu verstehen und ihn nun auch darlegen zu können.

Wer Lust hat und ohne Angst ist, nicht gescheit genug hierfür zu sein, der möge zu Ende lesen, bis zum letzten Wort. Ihr lest dann den Text nicht nur, um die Wandlung eines Botho Strauß kritisch zu erfassen - ich verfasste auf meinem Notebook ein Worddokument mit dem Titel "Weißt du, wer man sein könnte?" - Assheuers Text lässt euch, vor oder nach meinem Tod, dort wandern, "wo man sein könnte". Das scheint mir in den Tagen zwischen den Jahren geradezu ideal.

Ich danke Thomas Assheuer für diese Arbeit, diesen Text.

"Paare, Passanten" von Botho Strauß, zählt zu meinen Lieblingsbüchern.

Manchmal fragt einem Facebook nach dem aktuellen Zustand:

- demütig und getrost und "wo zuhause" zugleich.


Jona Jakob, Aschaffenburg
Zwischen den Jahren 2019 / 2020


https://gegneranalyse.de/personen/botho-strauss/#

Donnerstag, 17. Oktober 2019

Meine Vorstellung

- verfasst, wenige Tage vor unserer Vermählung -

Ich habe mir schon als Jugendlicher eine emanzipierte Partnerin gewünscht. Nie suchte ich ein Mädchen, welches sich mir in nachgeordneter Weise nähern mochte. Das war zu keiner Zeit einfach. Jedenfalls so lange nicht, bis ich dem Modell von "Ich Tarzan - Du Jane" komplett absagte. Ich wies konsequent ab.

Meine Jugend dauerte nun mal von 12 (hatte meine Mansarde) bis ca. 32 (ich heiratete das erste Mal). Es gab also zahlreiche Episoden, zumal ich noch Disco-König war und sozusagen der ewige 'Tom Hagen' (Consigliere) der Clique. Meine frühe Unabhängigkeit bescherte mir unzählige Annäherungsversuche.

Emanzipation, in den 70ern und 80ern ein Mega-Thema, war für mich nur anteilig durch die Frauen selbst zu erreichen. Wer sich ändern musste, waren wir Männer. Ich vertrete noch heute die Meinung, die Sache der Frau entsteht, wenn ich mich als Mann konkret RAUSNEHME. Ich muss was tun - und zwar fortbleiben, weggehen, bei Seite treten, mich auflösen.

Bis ca. 40 war das schwer zu verklickern. Unsere menschlichen Programme und Neigungen zu 'Meine Frau - Mein Haus - Mein Geld - Mein Auto' sind evolutionsbedingt und von größter Ausprägung bzw. Kraft. Sich dagegen zu wehren, daran scheitern selbst härteste Emanzen, intellektuelle Beziehungsformen, neue Modelle oder auch ich. Was immer noch beständig besteht: die Macho-Beziehung, Beispiel ist Robääärt und seine Carmen - 40 Jahre Wettbewerbsehe - er spielt den Helden (Tarzan) und sie stichelt ihn dazu an, als Sirene sozusagen ... hach.

Ich war 18, als ich sagte: Lass mich eine iranische Atomphysikerin kennen lernen ... meine Hymne damals: von Reinhard Mey 'Annabelle'.


Meine Liebste und ich. Am 13.09.2019, frisch vermählt :-)

Ich mag keine Abhängigkeit. Das ist mir schlicht zu dämlich und von keiner Form. Man kann bei einer Abhängigkeit in keiner Weise irgendwie anständig und im korrekten Kontakt miteinander sein.

Zudem: ich will eine gescheite Gesprächspartnerin. Ich will ihre Macht spüren, ihren Willen, ihr Drohen, ihren Krieg, ihre Schlacht. Ich will sehen, wie sie verantwortet, ansagt, fordert und klarstellt. Ich will ihr Denken und Fühlen, ihr Handeln und Gestalten. Ich will von Ihr ihr Werk. Noch vor 10 Jahren eröffnete ich in XING einen Thread in der Hochbegabtengruppe zum Thema Künstlerpaare. Ich will streiten. Ich will mich trennen. Ich will in zwei Wohnungen wohnen oder in fünf Wohnungen und in vier Städten.

Was ich nicht will - dass sie von mir abhängig ist, nicht in der kleinsten Weise. Das nervt nur. Und nähren tut es mich auch nicht, so ein rausgeputztes Chouchou. Was ich will, das sind ihre Zweifel, ihre Dunkelheit, das Mystische, das Abzuwartende, ihren Schmerz und ihre Abgründe.

Erst mit dem Ende meiner ersten Ehe änderte sich das Blatt am Beziehungsmarkt - es gab, 20 Jahre später - selbständige Frauen, die trotz Beziehung, selbständig bleiben wollten.

Die Selbständigkeit einer Frau ..., ich finde noch heute, das ist eine wahrlich schwere Einstellung und Aufgabe - und meist auf unsicherem Grund wegen der Fehlinterpretationen von männlicher Seite. Ich meine sogar zu beobachten, dass noch so selbstgewonnene Frauen mit sich selbst kämpfen müssen, täglich und immer wieder, als wäre es wider die Natur. Mir tut das leid.

Für mich gab es immer dieses Bild, dass ich mich in der Beziehung mit ihr "fortnehme". Und dass ich mich darum bemühe, Situationen so entstehen zu lassen, dass Sie im Bild ist, dass Sie gewürdigt wird, dass Sie frei atmen kann. Dann kann die Frau sich selber sein und bleiben.

Sie merken, je länger ich schreibe, desto verzwickter wird es, was ich möchte dann auch clean zu behalten - das ist nun die tägliche Arbeit auf beiden Seiten der Geschlechter.

Und vielleicht sollte ich weniger sagen, ich will eine Emanzipierte. Vielleicht sollte ich viel mehr deutlich darin sein, gewollt und gewünscht und glücklich dabei, täglich diesen Kampf um diese Sache in der Beziehung miteinander zu leben.


Jona Jakob (c) 2019

Mittwoch, 2. Oktober 2019

Ich liebe McDonalds

Ab und zu kommt es mich an, da möchte ich für einen Moment verschwinden. Das kann hier in Deutschland aber auch woanders in der Welt geschehen, ich will mitten im Tag fort - weg hier.

Dann fahre ich die wenigen Kilometer in einen McDonalds, gerne etwas außerhalb eines Ortes, ihr kennt diese Gelände, welche neben einem Verkehrskreisel, am Rande der Industriezone, bei einer Tanke, also irgendwo im Nirgendwo liegen. Brache Brachen. Dort fahre ich hin, parke, steige aus und gehe rein.

In einem McD bist du niemand. Mit dem Eintritt erlöscht deine Identität, man kennt dich nicht, keiner nimmt Notiz von dir, du bist sofort undefinierbar wie alles hier. Das ist ein schönes Gefühl.

Irgendwo bei Darmstadt ... (Bild: JJ, 2019)

Keine andere Kundschaft nimmt dich wahr, außer du nimmst wem den Vortritt. Doch damit ist heute auch schon Schluss, da man jetzt an Terminals auswählen, bestellen und bezahlen kann. Ob dort oder noch am Tresen, mit seinem Mikro, dem Bildschirm, der Menuführung nimmt das Personal keinen Kontakt zu dir auf, du brauchst nichts zu befürchten, da ist niemand. Was du kriegst, ist ein Plastikständer mit einer Nummer und eine lange Quittung, als wäre sie ein Bingoschein.

Ich setze mich in eine der abschottenden Nischen. Eigentlich habe ich kaum Ahnung, was ich bestellt habe, meine Wahl ist diffus. Bin ich überfordert, bestelle ich langjährige Standards und immer 'Menu'. Selten, dass ich ein Extra-Angebot ordere, was weiß ich, was ich dann erhalten werde - lieber nicht, lieber das Gewohnte, also Big-Mac-Menu-mit-Cola-light-ohne-Eis-dazu-drei-Portionen-Ketchup-und-ja-normale-Pommes. Das ist mein Gericht. Eine noch nie gesehene Bedienung bringt dir "Nr. 174?!" und wünscht noch "Guten Appetit."

In dieser Zeitblase des Daseins bei McD mache ich Pause. Ich muss nicht präsent sein, niemand achtet sich auf mich oder meine Essmanieren. Ist egal, sie haben mir acht Servietten mitgegeben, das Plastiktablett fängt notfalls alles auf, was sich irgendwo rausdrückt und runterfällt. Meine klebrigen Finger sieht niemand, alle sind auf ihren ganz eigenen Zauber konzentriert. Wie ich aussehe, zählt nicht.

Bei McD zu sitzen löst bei mir das Gefühl aus, welches Falco damals in einer Textzeile besang: "Und ihr werdet mich nicht finden - niemand wird mich finden ..." Ob hier in Kleinostheim oder in der Tangente von Barcelona beim Campus Nord, in Maisach bei München oder Altstetten in Zürich - das Terrain McD ist fort von dieser Welt, es nimmt dich ein, es reißt dich raus aus deinen Dingen, deine Last des Alltags wird extrudiert, geformt, paniert und rausgebacken. Alles golden-crispy nun.

Noch während ich die neuen Angebote studiere, die bis zum nächsten Besuch von noch neueren Angeboten abgelöst sein werden, kaue ich auf Undefinierbarem ohne Geschmack. Es fasziniert mich wie jene Symphonie, 4'33", in der über diese Zeit kein einziger Ton gespielt wird. Man tut aber so. Dass mein Körper darunter leidet, drückt der erst aus, wenn ich wieder in der Welt angekommen bin. Aber bei McD kann ich gut so sein - ohne jede Berührung, ohne jeden Bezug zu irgendwas, egal auch die Tageszeit. Wenn mich etwas interessiert, dann die Spielsachen aus den Kidsboxen, die ich nicht verstehe, die aber gefragt zu sein scheinen.

McDonalds ist eine Pause. Nicht einmal die Geschmackssinne müssen was erfassen, das System lenkt mich, ich bin ein Gleiches unter Gleichen. Mir ist es keinen Gedanken wert, wenn da wer Übergewicht hat oder Kinder schon dick sind - gehört thematisch alles nicht hier hin. Nicht einmal mein Handy interessiert mich. Facebook? Viel zu nahe. Twitter ... echt jetzt? Trump? Friday-for-future? Mir alles egal, ich bin hier und das ist gut so, reicht ja schließlich.

Und so verweile ich dort zwischen Menudisplays, Pseudodesign, Plastik und Undefinierbarem - und bin - Nichts geschieht, kein Fortkommen, keine Entwicklung. Alles Zero.

Dann fährt mich mein Wagen zurück ins Bewusstsein von Verkehr und anderem. Fertig Pause.


Jona Jakob (c) 2019

Freitag, 20. September 2019

Von Träumen, Zielen und alter Liebe, die nicht rostet

Mein Geburtstag mag Anlass sein, vielmehr ist es aber das Erreichen von lange Ersehntem, vom Erreichen von Zielen, vom Erreichen des Erträumten und last but not least handelt der Text eben von alter Liebe, die nicht rostet.

Im Management wird von Zielen geredet. Und im Leben wird von Zielen, die man haben kann, geredet. Und ganz bestimmt wird besonders in Coachings von Zielen geredet, nämlich jenen, die man per Coaching erreichen möchte.

Noch kaum habe ich gelesen, dass man dann aber an den Zielen festhalten muss. Bei Robert Walser gibt es eine Zeile, wo er fragt: "Hast du dir heute schon ein Ziel ausgesucht? Wozu? Die Ziele, sie wandern auch." - Robert Walser ... :-)

Es mag eine vage Behauptung sein, aber ich glaube schon, dass es diesen Effekt gibt, dass man gerade eben eine Werbung, ein Traumauto, Bilder eines Urlaubes oder eines Momentes zu sehen bekommen hat und man spontan dazu ausdrückt: Das ist mein Ziel, davon träume ich. Ein Haus, Kinder, eine Familie, Karriere. Größer, höher und weiter. Und das ist hier nicht in Frage gestellt, das ist erst einmal glücklicher, als hätte man keine Träume oder Ziele.

Doch im Heute unserer leicht verrückten Welt würde ich behaupten, haben Ziele immer kürzer werdende Halbwertzeiten, wie anderes auch - stets neue Moden, neue Hotspots, neue Clubs, neue Jobs. Man fliegt woanders hin, man kriegt ein nächstes Angebot, man wischt Beziehungen über den Bildschirm und auch das neue iPhone wartet schon. Mit dem Neuen ist das alte "weg". Ist wie dieses Hände-Spiel, wo immer wer seine Hand auf die zuvor hingehaltene Hand legt und wenn beide Hände hingelegt sind, zieht man die erste unten hervor und legt sie neu obenauf.

So geht es mit den Träumen und Zielen ganz besonders dem Gehirn. Das Aktuelle bleibt, das einst so ersehnte wird überlegt von "Inputs" - Neuem. Bald sind die alten Beweggründe zugeschneit von Wellen an Hypes, Moden, Veränderungen und neuen Technologien oder Verfahren. Selbst die Worte ändern sich. Um vorne mit dabei zu sein, passe man sich möglichst an.

Mit meinem Geburtstag, ich werde dieses Jahr 57, passiert mir dieses Jahr etwas ganz anderes. Ich erreiche in diesen Tagen und Wochen eine große und lebensrelevante Anzahl von Dingen, die ich vor langer Zeit begann anzustreben. Davon handelt die Geschichte.

Die Dinge, die ich zur Zeit alle erreiche, wurden vor vielen Jahren in mir angelegt. Ich wusste damals schon, was genau ich mir wünschte. Bei Gütern konnte ich den Gegenstand exakt benennen. Bei Zuständen und Verhältnissen war ich ebenso voll von Vorstellungen, wie das dann man sein sollte. Selbst meine Mutter sagte von mir, dass ich immer gewusst habe, was für Hosen, was für Schuhe ich haben wollte. Ich sprach nicht von Labels oder Marken und auch nicht von Image oder Style. Ich sprach einzig und alleine von ganz bestimmten, zugeordneten Qualitäten und Eigenarten des jeweiligen Gutes. Noch heute bin ich anstrengend in dieser Sache - ich will nur das. Nothing else. Erzähl mir nix. Ich weiss warum. Basta.

Wenn man bei mir umherschaut, dann findet man die Sachen und Entwicklungen. Man kann das Erreichte erkennen. Man wird aber nicht vom Erreichten von mir reden, sondern vom Traum und von der ganz eigenen Wahl, die "der JJ" getroffen hatte. Ob ich von meiner Armbanduhr, dem Kugelschreiber, dem Notebook, dem Auto oder von Lautsprechern schreibe. Was ich sagen will: Das Erfüllen der eigenen Träume und Ziele hängt auch davon ab, dass man das (die) Erwählte nicht aus dem Sinn verliert. Man muss für sein Glück an seinen Zielen festhalten. Natürlich kann sich ein Wunsch über die Jahre verändern, aber da sind wir beim entscheidenden Punkt: Wie alt ist Ihre Liebe zur Sache?

Und wenn diese Liebe zu der oder dem Sie schon lange träumen tief genug ist, werden Sie das Ersehnte auch erreichen. Nicht nur, Sie werden dann daran festhalten.

In diesem Sinne habe ich mir Zeit meines Lebens eine Liebe vorgestellt, wie ich sie heute dank meiner Liebsten leben darf. Sie verkörperte den Tag, den ich möchte - die Auseinandersetzung als Versöhnung, die ich brauche - die Gelassenheit, um die ich viele früher benieden habe - um die Fürsorge, dich ich im Leben schon vermisste - das Wirken, was Leben sein könnte - und die Freunde und Freuden, die ich schätze. Die Lateiner sagen: Per aspera ad astra.

Morgen werde ich 57 und am Freitag heirate ich in dieses Gemeinsam-mit-jemandem-alt-werden, was mir andere Menschen schon über ihre Träume erzählten. Ich werde nicht mehr träumen, ich lebe das. Festhalten. Egal was schon wieder kommt. Festhalten an der Liebe.

Der englische bzw. polnische Autor Josef Conrad beschrieb es im Buch 'Lord Jim' mit:

> Dem Traum folgen und nochmals dem Traum folgen und so bis zum Ende. - J. Conrad

Ein riesen Geschenk ... - danke.

(c) Jona Jakob, Aschaffenburg, 2019

Dienstag, 10. September 2019

Zum Wahlsonntag (01.09.2019)

Während wir uns hier wie drüben "aufregen", wie gewählt wurde oder wie zu wählen sei, beschäftigen wir uns mit den Ärmsten, den Flüchtlingen, weil wir nicht teilen mögen. Weder Geld, Arbeit, Hof noch Bräute oder Götter. Wir beschäftigen uns, um uns abzulenken mit Hass und Diffamierung, mit Rechtspopulismus und Untergangsszenarien. Und obendrein verbieten wir uns jede Einmischung von Außen, geht es doch um "Innerdeutsche Angelegenheiten, die niemanden etwas angehen würden."

Wenn man die Gewinne und Verluste von Parteien an Wahlsonntagen studiert und sie tagelang noch von der Presse nachkauen lässt, ist man so sehr "Marketingleiter", wie wenn man sein Wachstum am direkten Vergleich mit dem Mitbewerber anstellt. Man meint dann, man wäre der Stärkere, weil man 25% Marktanteil ausweist. Das ist aber die simple Blindheit der Idiotie, wenn dieser Anteil nicht per Relation am Marktwachstum und den Märkten an sich verglichen wird.

Während wir hier also aus Rechts- und Staatsgründen noch an einer vermeintlichen Verteilung der Macht herumstudieren, werden wir selbst durch etwas Größeres abgehängt. In den Zeiten der Dörferkriege hiessen diese Seuchen Pest und Cholera. Die rafften mehr Menschen hin, als es irgend eine Macht je hätte ausgestalten können.

Und jetzt ist das wieder so: Wir kümmern uns um Sachsen und Brandenburg, um die AfD. Wir tun so, als seien wir empört, engagiert, besorgt, weiß der Geier, was wir tun. Aber mit jeder Sekunde, welche sich nun mal die ganze Welt dreht, verlieren wir in relativen Prozenten unsere Position an die Digitalisierung. Egal, was für Prozente und Zuwächse eine Partei gestern und in vier Jahren ausschreibt, sie verliert in Relation zum Markt, den der ist nicht national.

Die Märkte, besonders die der Digitalisierung, sind wie vor 600 Jahren, den Seefahrerzeiten, dort, wo noch keine Gesetze dafür politisch erstellt sind. Und selbst wenn wir die Informatik teilweise gesetzlich zu strukturieren und zu kontrollieren versuchen - wir verlieren am  Tempo der Entwicklungen in diesem Bereich.

Was verlieren wir denn an die Digitalisierung? Es ist so: Sie sterben heute und in naher Zukunft nicht mehr per Tod. Keine Kugel zerfetzt Sie, kein Bombensplitter raubt Ihnen das Licht, nichts so ähnliches passiert Ihnen, wie Sie es bei den aktuellen Bildern zum Polenfeldzug als leibliche Erfahrung über Generationen noch nachspüren können.

Nein, Sie verlieren Ihr Leben an die Bank, die Krankenkassen, an Datensammler. Per Smartphone, Plastikgeld, Medizinische Daten, Mobilitätsinformationen, Konsum. Noch während Sie meinen, vorzüglich zu leben, entzieht Ihnen die Digitalisierung den Saft zum Leben dazu. Immer mehr werden Sie eingespurt, gelenkt, berechnet, genudget, im schmaler der Korridor, wie  und wo Sie noch an Ihren Sachen kommen.

Und wenn Sie dann eines Tages für das System der Digitalisierung, Herrschendes bei den DAX-Unternehmen und vielen anderen mehr - es herrscht das digitale System - ... wenn Sie dann eines Tages für dieses System
- zu alt
- zu ungebildet
- zu wenig aktuell
- ganz besonders zu wenig potentiell
- zu teuer
- oder sonst wie zur Last werden

... schließt es Sie aus. Sie brauchen bloß gekleidet zu sein, wie aus den 80ern, Sie sind weg vom Fenster. Und man muss es sich vor Augen nehmen: Die AfD hat gegen die Digitalisierung nicht die Bohne einer Chance. Infrastrukturwandel über die Gemeinden, Technologie von Bahn, Spitälern, Schulen, Öffentlichem Verkehr, Infrastruktur ... alles wird digitalisiert. Alles, restlos alles. Und es wird diese Digitalisierung sein, welche für Recht und Ordnung im Staate sorgen wird - nicht altbackene Parteien, die nicht über den Rand ihrer bescheidenen Frühstücksteller zu schauen vermögen. All die Rechthaberei stützt sich einzig auf alte Erfahrungen. Da wird juristisch geprahlt, wenn es ein "Erst'Urteil" zu einer Sache gibt, damit man eine Tendenz zu erkennen vermag, wohin sich die Sache in weiteren Urteilen entwickeln wird. Wir laufen täglich mit dem Kopf voller Rückwärtsgewandtheit.

Klar, das ist einfacher. Das ist greifbarer. Das lässt sich als konkret Geschehenes ausweisen und ist nun Fakt. Wie die Resultate gestern. Die neue Personalsoftware, die heute, Montag, in Ihrem Unternehmen ausgerollt wird, die wird gar nicht wahrgenommen. Ihre ersten "Opfer", nämlich Bewerbende 40-Plus, Menschen mit Geburtsjahren noch vor der Öffnung des Internets, fallen noch vor den Mauern der Stadt, kommen da also nicht mehr rein - und sind zwar nicht wirklich tot, also per Pfeil und Schwert getötet, aber durch Abhängen bzw. Ausschließen, ins Nichts verbannt. 

Wenn hinter der Software eine Super-Software analysiert und registriert, dass die Person X bei Firma Y vom System ausgeschlossen und abgehängt wurde, setzt sie die Person X als Failure in den Datenspeicher .... diese Figur insgesamt findet nie wieder mehr wo ein Stelle ... außer (vielleicht) in der Handarbeit, der schmutzigen.

Wir täten ein Gutes daran, uns in höchst eigener Angelegenheit und dann in der gesellschaftlichen Gemeinschaft, die vermutlich über das Demokratische hinaus sich neu definieren muss, damit zu beschäftigen, was mit uns in jenem Markt'WACHSTUMSBEREICH geschieht und vollzieht, der so viel mächtiger und weiträumiger wächst und sich entwickelt, als es jede törichte Altbackenheit irgendwie - nicht zu selten höchst ungeschickt - zu verhindern versucht und scheitert. In unserer nicht gebildeten Ahnung, in unserer zu wenig sich kümmernden Ahnung, ins unserer Ahnungslosigkeit neigen wir verzweifelt dazu, uns jenen zuzuwenden, die uns Bekanntes gereichen, die Zucht und die Ordnung der alten Tage. Für die Digitalisierung ist der Polenfeldzug keine 80 Jahre her und in noch möglicher Erinnerung - für die Digitalisierung existiert Polen oder Deutschland überhaupt nicht mehr. Die Digitalisierung fragt sich nur: Nachdem wir (als zeitlich rückwärts liegendem Fakt), die Nation China durch die Digitalisierung aufgelöst haben, im Wortsinn von 'disappear', wie kriegen wir das nun multipliziert, also auf weitere geografische Dimensionen kopiert.

Ich habe nichts gegen Sachsen oder Brandenburg - aber sorry Leute, das ist nicht die Sorge, die sich mir abzeichnet. Und ich kann auch nichts gegen die Digitalisierung machen - auch mich wird sie hinraffen, auf die eine oder andere Weise - ohne dass ich dabei wirklich verletzt oder verwundet werde oder gar gleich sterbe. Da ich aber nicht konsumsiechend in einem Paradox von "Positiv zu lebender Agonie" mein Dasein fristen möchte, so als ordentlich bepunkteter Zombie, richte ich mich viel mehr darauf ein, den Absprung zu wagen. Auch ein Lösen, aber nach Vorne. Nicht nach hinten abhängen lassen. Selber gestalten und schauen, dass man fortkommt.

Mein Vater sagte mir einst: "Man muss verdammt wach sein, um träumen zu können."

Jetzt können Sie sich darauf achten, welchen Entwicklungen Sie genau Ihre Aufmerksamkeit schenken möchten. Der Entwicklung wie z.B. der AfD ... oder was alles den Fortschritt in Deutschland verhindert. Sollte Ihr Internetanschluss miese sein, da wäre Grund für Aufstand und Empörung.

Eine gute Woche Ihnen.

(c) Jona Jakob, 2019, Aschaffenburg

www.jonajakob.com

Samstag, 27. Juli 2019

Mittagschlaf beim Hausarzt

Da die liebe Frau Jeanette Mensing eben ein Buch für das Wochenende im Wartezimmer beim Arztes empfahl, möchte ich von heute erzählen.

Ich war nämlich ebendies beim Arzt. Diesen habe ich ja im Verdacht, dass der mich einzig daher aufbietet, damit er für ein paar Minuten einen unterhaltsamen Gesprächspartner bei sich weiß.

Aber nochmal, der lässt mich auf 10:00 Uhr kommen. Um 10:10 Uhr spricht eine der netten Damen des Patientenmanagements "Herr Jakob, Sie können schon mal ins Besprechungszimmer eins." Wow, das ist seine persönliche Bude. Dunkelbraune Massivwand mit Rauchglasscheiben und eingelassenem Handwaschbecken aus moosgrünem Alabaster und Messingbeschlägen. Schwerer Schreibtisch mit distanzierendem Format, Lederstühle, Sofa, Deckenleuchte. Derrick forever, als er mir beim letzten Mal verrät, die Einrichtung schon vom Vorgänger übernommen zu haben. Aus Erfahrung und verzweifelten Hinweisen seitens der Ärzte weiß ich: Der Job muss einen massiven Anteil menschlicher Verlogenheit, Dämlichkeit und Gejammer mit sich bringen. Menschen am Laufband abzufertigen und sich das immer selbe Gejammer und Gestöhne anzuhören, dabei wäre man Akademiker. Der Zyniker damals in der Schweiz sagte mir beim ersten Termin: "Herr Jakob, noch etwas: Wenn Sie nur ein Zeugnis wollen, sagen Sie das gleich. Aber erzählen Sie mir keine Geschichten." Und so nun auch der Mediziner hier in DE, der wenig älter ist als ich und seine Zeit vermutlich fristet, wach, interessiert und sinnbildlich etwas mit Champus bekleckert, wenn er erst einmal eine meiner Antworten verdauen muss, auf all seine Beschwörungen. However ...

Jotter by JJ / Sony-Ericsson P800

Ich sitze also ab 10:10 Uhr in seinem Besprechungszimmer 'Derrick' und warte. Die letzten beide Male sass ich dann dort meine 30 Minuten, lieber hätte ich bei der BUNTE gewartet. Ich hasse es, eine Chance auf ein Wartezimmer in der Woche zu haben und dabei die BUNTE zu verpassen, egal wie alt schon. Wozu sonst gehe ich zum Frisör, Arzt, Autowaschanlage oder Termin bei der DEKRA - nur wegen der BUNTE.

Jetzt ist es so, um 11:00 Uhr habe ich täglich das Tief meiner Biokurve. Mir sackt der Kopf weg, ich höre nix mehr, ich will nur noch schlafen, Mittagsschlaf ist angesagt. Und den mache ich dann auch. In Derricks Salon, dem Besprechungszimmer Nr. 1 aus den 50er-Jahren meines Leibarztes. Ich bin mir nach dem zweiten Mal nun nur nicht sicher, ob er mich dort gütig schlafen lässt oder oder er ob das noch gar nicht mitbekommen hat, aber auch heute schlief ich dort, den Kopf im Nacken, meine 20 Minuten, bis ich wenige Minuten vor dem Guten aufwachte und Präsenz zeigen konnte.

Und klar, aus Gründen ist dann auch mein Blutdruck voll im guten Bereich, der Herr Doktor ist hochzufrieden.

Frieden ist vielleicht der Zauber an dem Moment, in dem die Zeit zu stehen geblieben scheint. Ungesund ist es bestimmt nicht.

Mit grossem Dank an meinen Lieblings-Doc und sein wunderbares Team.


(c) Jona Jakob - 2019, Aschaffenburg

Montag, 13. Mai 2019

Bevor andere ein Auge auftun ...

Ich stehe morgens leicht auf, bisweilen sehr früh. So habe ich dann viel Krimskrams an Arbeit erledigt, bis andere ein Auge auftun. Das ist kein Facebook-Karriereplan, das ist einfach mein Naturell - hier zeigt es sich von Vorteil. Gerne arbeite ich morgens mit warmem Licht.

Mir gegenüber geht die Sonne auf, zwischen Agatha-Kirche und Stadthaus. Im Frühsommer wirken die beblätterten Bäume wie gesunde Frische am Platz. Oft ist alles noch ruhig. Und ehrlich, für mich ist es ein kleines Glück, hat sich der neue Grieche so viel Mühe gegeben. Sein Haus strahlt in Framboise, das passt ins Bild. 



Ich höre dann Musik von 'Solar Fields' oder 'Stellardrone', unsere kleine Hündin kantappert übers Laminat bei mir vorbei *kantappakantappa* und legt sich dann wieder schlafen. Um 06:00 Uhr gibt es Latte ans Bett. Nun, heute ist Urlaub, ...

... aber da arbeite ich ja am liebsten.


Jona Jakob (c) 2019

Sonntag, 14. April 2019

Palmsonntag und die Altglascontainer - eine Orientierungssuche zum Christlichen

Anlass: In einer Bayrischen Stadt neben der Kirche wohnend. Dazwischen eine 8er-Station Leeglascontainer, die heute früh gerne genutzt würden, wäre da nicht ich, der Respekt verlangt.

Sonst so: Palmsonntag ist der sechste und letzte Sonntag der Fastenzeit und der Sonntag vor Ostern. Mit dem Palmsonntag beginnt die Karwoche, die in der evangelisch-lutherischen Kirche auch Stille Woche genannt wird.

Und auch gleich: Meine Eltern erzogen mich konfessionslos. Ich war also zu keiner Zeit meines Lebens bei einer Kirche dabei. Schulreligion, Schulbibel, christliche Festtage, christliche Erziehung wie alle anderen auch. Christliche Werte bis hin zum ehrbaren Kaufmann. Sonntag, Weihnachten, Ostern, Karwoche.

Ich glaube heute noch nicht an Gott. Nicht so, wie das andere Menschen tun und ich denen das abnehme ohne es bewerten zu müssen. Ich würde nie sagen, es gäbe keinen Gott. Ich mag vielmehr nur nicht glauben, aber das ist ein persönlicher Standpunkt, auf dass ich vor all dem Bestehenden und Zelebrierten, also dem Gelebten ohne Frage den erbetenen Respekt wahre.


Unser Zuhause und die Agatha-Kirche in Aschaffenburg.

Meine gesellschaftskritischen Eltern, Nonkonformisten damals:
- Lüge nicht.
- Stiehl nichts.
- Töte nicht.
- etc.

Also, da sind sie, die christlichen Werte. Und manch ein Bildnis aus der Bibel dient ganz automatisch als Metapher, als Vor'Bild, als Orientierung. Selbst in meinen Coachings erläutere ich, dass man den Gedanken, 'Ich bin ok' getrost für sich selber bzw. mit sich selber ausmachen sollte, ob man sich hierfür in der Kirche vors Jüngste Gericht, in die Beichte oder einfach vor etwas Höheres stellt und sich fragt: "Ist mein Handeln vertretbar? Bin ich ok?" - In den meisten Fällen würde wohl jeder für sich sagen: "Durchaus, Ja!"

Da ich am 11.09.2019 Geburtstag habe, wurde ich automatisch reingezogen in diesen Begriff vom 'Glaubenskrieg'. Die "Anderen", die riefen: "Tod den Ungläubigen". Vermutlich war u.a. ich damit gemeint.

Es ist also nun deren Identifikation geworden, sich als Gläubige auszugeben. Und es ist deren Provokation geworden, als wäre diese gegeben, zu behaupten, wir seien Ungläubige.

Eines muss ich den hiesigen Muslimen allesamt lassen: Wenn ich sie am Sonntag klar und deutlich um den Respekt für unseren Christlichen Feiertag bitte, ziehen sie sofort ab, wenn auch maulend, aber noch sind alle tatsächlich abgezogen, spätestens wenn ich sagen: "Ihr fordert doch auch Respekt für euren Glauben und eure Lebensart und die Feiertage. " Da hören die mittendrin auf, Flaschen sonntags in die Container zu schmeissen und gehen. Ich bedanke mich dann, so gut das noch geht.

Aber so kam ich zu meiner philosophischen Frage, die vielleicht mehrere Sichten als Antwort zu gebären vermag:

Habe ich denn kein christliches Selbstverständnis, auch wenn ich nicht (an Gott) glaube? 

Ich meine: DOCH! Ich lebe durch und durch christliche Gedanken, Regeln, Gesetze, Ordnungen, Feiertage, Geschichten, Bilder, Gebäude, etc. Ich kann als alter Europäer dem Christlichen gar nicht entgehen, auch meine nonkonformen Eltern schafften das nicht.

Ich brauche kein Kreuz, ich gehe nicht zur Kirche, ich bete nicht, ich beichte und büße nicht. Sündigen, bestimmt, sündigen tue ich - aber eben, ich finde mich dennoch ganz ok dabei, bleibt mein Handeln insgesamt ein Christliches - das des Miteinanders, wie man die Freiheit beschreiben mag, so dass es für alle Platz und Zeit und Leben hat.

Wir sind alle christlich, sind wir nicht wirklich dagegen oder anderen Glaubens. Wir sind auf diese Art und Weise sozialisiert. Und ich finde, im Getöse, im Rap und im Basching als "Ungläubiger" abgetan zu werden, ist nicht richtig. Sonst würde ich vielmehr mein ethisches Handeln verleugnen, in der Jugendsprache genannt: "... auf alles kacken ..". - doch das tut unsere Gesellschaft nicht. Die Gesellschaft, in der ich in der Schweiz wie in Deutschland in protestantischen wie katholischen Gegenden lebte, sie hat eine weitaus gemeinsame Wertewelt, eine Haltung, ein Vorleben dessen, was das Christliche ist. Und so mag die Behauptung, wir würden nicht glauben, keinen Boden für eine Berechtigung finden. Das nützt aber nichts, es den (in dieser Frage ungläubigen) Dschihadisten verklickern zu wollen, die einfach mal behaupten, moralischer zu sein, als wir. Ok, vielleicht moralischer, woran das immer gemessen werden soll. Aber gläubiger in unserer Haltung, an die wir gesellschaftlich glauben, ist da draußen mE niemand. Das sind wir gleichauf. Und für mich habe ich beim Ruf nach Respekt kein so schlechtes Gefühl, im Christlichen einen soliden Anteil meines Selbstverständnisses wiederzufinden, ob ich gegenüber der Kirche wohnend in Schlappen und Hometrainer die Jungs anpfeife um gleich wieder ins Bett zu kriechen, während wahre Kirchgänger heute mit Zweigen ihren Palmsonntag zelebrieren.

Vielleicht mag wer seine Sicht zur Sache legen, den Wunschzetteln gleich, die man in Osterfeuer wirft ;-)

Bin ich nun, weil ich nicht an einen Gott glaube, ein Ungläubiger? Oder bin ich eben doch ein Christ? 


Herzlich besinnt sich zur Karwoche - wenigstens ...
Jona Jakob, Aschaffenburg

Samstag, 16. März 2019

My Friday for Future

Meinen ersten Beitrag zur Umwelt sehe ich darin, Politiker, welche das Umweltanliegen der nächsten Generation negieren / ignorieren / ablenken / etc. aus meinen Wahlmöglichkeiten auszuschließen. Ich entsorge gerade AKK, Altmeier, Lindner und wen ich mit solch einer Haltung sonst noch erwische.

Es gibt weder ein Recht, die Welt auszubluten, noch gibt es ein Recht bzw. eine Argumentation, nachfolgenden Generationen die Lebensgrundlagen zu versiffen. Wenn jemand GEGEN Umweltverschmutzung protestiert, ist niemals mit "Schule" oder gar mit "Kinder" dagegen zu argumentieren. 

Bild: Privat JJ mit iPhone aus Maintower, Frankfurt. 

Die Angst jener, welche die Kinder lieber im Unterricht sähen, ist nicht die von verpasstem Lehrstoff, sondern dass diese "am Beispiel, welches Schule macht" (kleines Wortspiel) erfahren, dass sie emanzipiert, kritisch und unabhängig agieren können. Sie werden beim Thema Umwelt keinen letzten Halt machen. Alles, was sie für rückständig, amoralisch und unvorteilhaft halten werden sie in Zukunft schlicht nicht annehmen und es gleich als Übergriff abweisend auslegen. Sie wären ja (bei aller Schulbildung) "doof", wenn sie das akzeptieren würden, auf die Gefahr hin, in absehbarer Zeit dadurch in Probleme zu geraten.

Orwell hatte nicht ganz Recht, mit seinen denunzierenden Kindern, welche die eigenen Eltern dem System verraten würden. Es könnte aber gut sein, dass die von eben jenen pragmatischen Politikern und Bossen der letzten 40 Jahre erfundene "Wirtschaftswelt der OPTIMIERUNG" Kinder zeugte, denen bereits in jungen Jahren der "Scheiß der Alten" nicht gut genug ist. Sie fordern Besserung.

Im selben Atemzug, wenn man "Kinder" erwähnt, sollte man, soziologisch nicht ganz unähnlich, "Alte" im Fokus behalten. In ihrer Lebensphase vor dem Tod gedeiht diesen eine beträchtliche Unabhängigkeit fürs Narrentum. Manchmal zu ersten Mal in deren Leben - warum sollten sie diese Freiheit nicht dazu nutzen, sich den Kindern anzuschließen und sie zu unterstützen?

Spätestens dann folgend die "Kinder" der Alten, Kampfstaffel Helikoptereltern, die 'Walküre' auf den Lautsprechern und jemand der durch allen Nebel sagt: "Charlie don't surf."

Die Disruption, liebe Wirtschaftsleute, könnte ganz klar eine GESELLSCHAFTLICHE sein, bevor der Begriff einzig "blöd" dem Digitalen zugeschrieben wird. Als "Generation Humanismus" könnte es mir reichen zu sagen: "Schau an, endlich ploppen Gefühle und Bedürfnisse nach oben." Der Begriff der Emanzipation, Grundlage aller Individuation, er ist ein disruptiver.

Jona Jakob (c) 2019
jonajakob.com, Aschaffenburg

Sonntag, 3. Februar 2019

Es ist nun der fünfte Mensch, der stirbt und mit ihm sterbe ich ein gutes Stück mit.

Es ist nun der fünfte Mensch, der stirbt und mit ihm sterbe ich ein gutes Stück mit - außer bei meinem Vater, der besteht als Teil meines Ichs in mir. Das ist bei mir wohl so: ich bestehe aus Bezügen, Erinnerungen, Sentimentalem - aus Gefühltem. Und je nachdem was einst war, verschwinden mehr oder weniger Anteile von mir, wenn jemand durch den Tod abhanden kommt. Mir wird es nie mehr möglich sein, diesen Teil "unserer Geschichte" jemandem wirklich erzählen zu können, es wird ab jetzt immer nur mein Teil daran sein - die andere, zweite Seite ist nicht mehr, meinem Erzählen fehlt es an Harmonie. Mir fehlt dann die zweite Komponente, die aus 1 + 1 = 2, 8 oder 3,5 gemacht hat und so verliere ich nicht nur diesen Menschen mit seinem Anteil meines Bestehens, ich verliere besonders jenen Anteil, den wir zusammen bildeten, dieses Plus Ultra, ... above & beyond. Oder habt ihr schon mal Abba-Songs mit nur 1 Stimme gehört?

Und so wird jede und jeder, der vor mir stirbt einen Teil meines Todes sein, denn irgendwann bin ich nicht mehr, weil das passende "Zubehör" nicht mehr existiert. Mit Stefan ging etwas, mit Gina, nun mit Renate. Wovon ihr mir, zum Beweis, wohl nun reden würdet, das sind dann eben nur Erinnerungen. Jenes hingegen, wovon ich schreibe es zu verlieren, ist Anteil meines Lebens. Auch wenn ich die Person vielleicht Jahre nicht gesehen oder gehört habe. Es gibt einige Lieben aus meinem Leben, an die denke ich nicht einmal - auch wenn sie damals wichtig waren. Doch weiss ich um ihren sicheren Tod, bricht aus mir eine schillernde Paillette meines gesamten Wesen und macht mich dünner und wässriger.

Wie sehr ich darin existent bin, euch alle verinnerlicht zu wissen, mag vielleicht kaum jemandem so richtig klar sein. "Ach, erzähl doch." Wohingegen ich es so empfinde, wenn ich täglich schreibe und gelesen werde, reise und begegne. Ich fühle diesen Tod, als hätte ich einen Schuh verloren, oder den rechten Arm. Man zieht wo einen Faden raus und aufsmal fällt das Gewebe auseinander. Danach ist kein Stoff mehr. Es mögen noch viele andere Stoffe da sein, doch dieser ist nicht mehr - ich brauche niemandem etwas noch davon erzählen, ich würde fahrig klingen, da meine Worte nicht mehr getragen wären.

Das zeigt meine Stärke in all den Punkten, wo die Stoffe in ihrem Strick noch intakt sind. Ob hervorgeholt oder lange vergessen, lebendig tragen sie sofort und jederzeit und vermögen im Dasein des Anderen alle ihre Farben, die bunten und die trüben, noch zu zeigen - erzähle ich von jemandem Geschichten, die/der noch lebt, könnte jederzeit dessen Stimme aus dem Off mir den Rücken stärken. Die Toten aber, sie reden nur mit mir - damit muss ich dann selber klarkommen.

Eines sei von mir hier deutlich gesagt: Ich kann nur mit einer Frau leben und mit einer Haushaltung, mit einem Ort. Das bedeutet aber in meinem Wesen seit meiner Kindheit nicht, dass ich nicht unzählige geliebte Bezüge hätte. Bis hin zu Musikstücken, Rezepten, Tieren, Wohnungen, Styles, Bilder, Filmen, und eben euch, Menschen, Menschen, Menschen. Es gilt auch für mich, dass ich nicht jeder warmen und einladenden Geste zu folgen habe, das ist auch gar nicht notwendig. Was ich aber für niemanden 'einzig' gelten lasse, mein Leben lang schon, dass ich die Geste, das Herz, welches ich geschenkt kriege, niemals aus mir abgrenzen würde. Weder bei Mann noch Frau, bei ferner oder näher, bei jünger oder älter. Ist da ein feines Gewebe, ein Faden des Fühlens und Verstehens, der hält, ist das das wirklich EINZIGE, was mir Leben zum Leben macht. Und wenn eben jemand dann nicht mehr ist, geht für mich ein Teil als verwobene Verbindung verloren.

Als ich heute die Nachricht verstand, sie, die so sehr gesund lebte, schoss ein Gedanke durch meinen strapazierten, teils müden Körper: '... und ich, ich bin es, der nochmals heiratet.'
Meine letzten 20 cm auf dem Zollstock des Lebens werde ich eines tun: Leben. Ich werde verlieren, Faden für Faden, und ich werde genau daher leben, bis ein dünnes Fließ meine Restseele abstaubt, auf dass auch ich nicht mehr bin.


Sei getragen.

Und ihr auch ... seid getragen.

Jona Jakob, Bern