Mittwoch, 7. Februar 2018

Wohin kann man noch emigrieren?

Als Mensch mit Haltung, oder auf der Suche nach einer solchen, hatte man vor dem Internet und den globalen Handynetzen noch freien Raum zu emigrieren. Man zog aus politischen, religiösen, gesellschaftlichen oder intellektuellen  Gründen aus der eigenen Heimat aus bzw. weg, weil man 'per eigener Anwesenheit' die Zustände nicht legitimieren mochte oder sogar gefährdet war, dort zu bleiben.

Zum Beispiel verließ Oriana Fallaci ihr geliebtes Italien und starb dann in der Emigration in New York - nicht inaktiv, Italien und seine Presse weiterhin massiv in die Kritik zu nehmen. Sie war mit Missständen und Entwicklungen nicht d'accord.

Ebenso gibt es ein mE lesenswertes Buch von Prof. Michael Walzer, mit dem Titel: Zweifel und Einmischung. Die Frage für den Kritiker: Soll man bleiben und sich einmischen, so wird man als Nestbeschmutzer beschimpft. Kritisiert man "von Aussen", sagen die Leute: Was weiss die/der schon, die/der lebt ja gar nicht hier.


Nun zur Frage:

Wo genau hin kann man heute noch emigrieren? Wohin geografisch? Wohin datentechnisch? Ist man wegen dem Senden und dem Empfang von Daten heute nicht dauernd "im selben Raum"?

Ist es nicht so, dass ich eigentlich nicht wirklich unter der Decke von Handy-Antennen und GPS-Ortungen, Sateliten und Kabeln "nicht mehr raus kann" ... und wie Zarathustra in die Höhle von Wäldern zu fliehen, ob in Kanada, Island, den Karpaten ... ist ja jetzt auch nicht die Idee.

Bin ich also sozusagen stets, jederzeit und allerorts "dabei?" ...

Beispiele für eine solche Betrachtung:

1: Erhalten Coachees den persönlich geschützten Rahmen und Raum, auch durch die Person des Coaches (Setting), wenn der Auftrag und die Bezahlung durchs Unternehmen und damit durch EntscheidungsträgerInnen erfolgt?

2: Bin ich in meinem vereinbarten Sabbatical wirklich "frei", mich für einmal mit etwas anderem zu beschäftigen? Kann ich frei wählen und entscheiden? Oder möchte der Arbeitgeber, die Uni oder die Behörde, dass es "dann schon etwas ist, was mit uns im Zusammenhang steht"?

3: Gewährt mir Raum wie z.B. eine grosse XING-Gruppe (> 1000 Mitglieder) die Freiheit, mich mitzuteilen? Wo viele Menschen notieren, sie wären auf den Austausch gespannt, aber sich dann doch zurückhalten, beizutragen? Führt die Gruppe sozusagen zu einer Art Selbstkontrolle und Anpassung? Vermögen wir nicht mehr zu trennen, zwischen Diskurs und Haltung? Zwischen Querdenken bei gleichbleibender Verlässlichkeit?

Herzlich grüsst und fragt

Jona Jakob