Donnerstag, 22. September 2016

Momente, wenn ich mich nach langer Navigation worin wiederfinde, was mir meine Position bestätigt

Gestern ergab sich ein Moment während eines Dokumentarvideos:

Yalom's Cure
Eine Anleitung zum Glücklichsein: Irvin D. Yalom gilt als der einflussreichste Psychotherapeut der USA. Kritiker beschreiben den 80-jährigen Bestsellerautor als inspirierend, fesselnd und lebensverändernd. 


In einem Interview von 2009 gab ich auf eine Frage folgende Antwort:

Lebensschulen - Was prägt mich?

U.a. die Philosophie des Existenzialismus

Da ist zum einen die Erziehung durch meine existenzialistisch orientierten Eltern. Besonders mein Vater prägte mich in dieser nackig-machenden Denkform und kritisch distanzierten Haltung, die von vielen Menschen eher 'negativ bzw. unangenehm' empfunden wird. Ich schätze heute das Blanke und Franke, auch wenn es anstrengend ist. Wo sonst sollte Veränderung und Entwicklung beginnen, wenn nicht am unbeschönigten Grund der Dinge? - Jona Jakob, 2009

Und jetzt höre ich Irvin D. Yaloms Worte in der Filmdokumentation, wo er sagt:


"Mein therapeutischer Ansatz ist mit den Worten Thomas Hardys folgender: 

Wenn es einen Weg zum Besseren geben soll, 
erfordert das einen umfassenden Blick auf das Schlimmste." 

- Irvin d. Yalom, zum 80. Geburtstag

Alle reden beim Wort 'Navigation' vom 'Ankommen' und 'Erreichen'. Dabei sollte in kristallklarer Weise vom Ausgangspunkt, vom Start, vom Ausgangshafen Bescheid gewusst werden. Dieser Messpunkt des Starts ist entscheidend, ob man dann am gewünschten Ziel ankommt. Und viel wichtiger, als dass Ihnen das als Leserin oder Leser nun "gefällt", ist, dass Ihnen das KLAR wird.

Coaching hat mE diese Klarheit und Ausgangsposition am Grund zu klären, damit man von-dort-aus'gehen-kann, anzukommen. Das ist keine Therapie, sondern geklärte Selbstkompetenz. Klar vor Augen haben, was man vermag. Und was allenfalls nicht. Wo die eigenen Grenzen und Fahrwasser liegen. So bleibt man auf Kurs und wirkt solide.

Ich danke an dieser Stelle meinem Vater, der mich stets auf den Beginn einforderte, nicht auf Ankommen - weil es beim Ankommen zur Sache nichts mehr zu sagen gab. Er sagte: "Darauf kommt es nicht an ..." - das muss man erst einmal gehört und dann noch verstanden haben.

Klaus, danke.

Jona Jakob
www.jonajakob.com

Sonntag, 18. September 2016

Kleines Gedeck

Ich bin gottefroh, ist das erste regnerische Herbstwochenende. Hat dieses Jahr gedauert und schenkte mir einen spätsommerlichen Geburtstag mit vielen Gästen, wie ich es nicht gewohnt bin. Es mag wem komisch vorkommen, aber ein Sonntag mit vielen Gästen, dafür brauche ich viele Tage, das alles in mir einzubetten, abzufühlen, zu sehen und nachklingen zu lassen. Ohne nun damit das Thema zu verlassen, aber meine Hochsensibilität erzeugt bei mir schon Macken - schöne wie zerschleissende. Als wir von dem Essen mit dem grossen Tisch am Sonntag heimkehrten, öffnete ich verschiedene Geschenke nicht. Tagelang nicht. Ich kann nicht. Ich kann eine gewisse Anzahl Gesten, Blicke, Hände und eben deren Geschenke an einem Tag verkraften, gerade weil sie mich sehr glücklich machen. Aber dann will ich aufhören, weil ein weiteres Geschenk nicht mit selber Kraft noch wahrgenommen werden könnte. Funzt so wie bei guten Fotokameras, wo der Blitz nach dem Shot so steigend summt und erst, wenn das Summen erlöscht, ist der Blitz wieder ready. Manchmal bin ich dann fertig. Und so öffne ich Geschenke erst dann weiter, wenn ich für mich meine, neue gebührende Präsenz, Kraft, Liebe und Aufmerksamkeit zu haben, dafür, was man mir entgegenbringt. Klingt jetzt unschön, ich finde es aber eben gebührend. Oder anders gesagt: Ich bin manchmal emotional überfüllt, wie ein voller Kühlschrank, und muss dann erst etwas Platz gewinnen, um Neues aufzunehmen. 

Heute, eine Woche später geniesse ich eine bunte Tüte ganz besonders. Es ist noch Sonntag früh, wir waren schon mit Phibi, kauften Brötchen, genossen Frühstück und sind wieder unter die Decke geschloffen. Ich nehme die Tüte aus meiner Gabenecke, wo auch Likör steht, Bücher, ein selber gemaltes Bild, Wein und Süsszeug. Ich verkrümel mich damit aufs Sofa. Ich lese die liebevolle Karte meiner Liebsten und sehe, dass ich eine Hand voll Badezusätze geschenkt erhielt: Glück, Liebe, Harmonie, Energy, etc. - ich liebe ja Bäder. 


Bild (c) Jona Jakob, privat.

Es ist Herbst, wenn ich mir sonntags so ein 'kleines Gedeck' einrichte. Ich habe dann meine Lieblingsutensilien da: einen Schreibblock, den Tintenschreiber, Brille, Döschen und weiteres. Das Buchgeschenk im bunten Beutel 'Die zwölf Gesetze der Macht - Angela Merkels Erfolgsgeheimnisse' ... ich hatte mir das gewünscht, weil ich in Twitter darauf aufmerksam wurde. Mein Notebook ist ohnehin immer dabei, egal wo. 

Aber was ich schreiben will, weil mich eine unbekannte Seele aufreibt und innerlich beschäftigt. Was ich da tue, ist form eines Selbstgespräches um nicht verrückt zu werden. Ich lese nicht aus Neugier. Ich lese, um mich zu beschäftigen, eine fortdauernde Selbst-Auseinandersetzung, um nicht einer Sinnlosigkeit zu verfallen, die mich krank machen würde. Ebenso in diesen Tagen sandte mir Georg Parlow ein Buch aus den seinen, einen Gedichtband, in dem auf den ersten Seiten zwei Sätze von Handke stehen: "Schreiben. Das unendliche Schweigen." Genau, so geht es mir. All das Zeug, was ich so pro Woche abdrücke, niederschmetter, in die Tasten bringe und aus meinen Fingern fliessen lasse, ist irgendwie ein Selbstgespräch. Woher sollte ich sonst Stoff kriegen? Manchmal, an langweiligen Tagen, schaue ich über 10 x online in die FAZ. Dann gibt es am selben Tag keine neuen Beiträge mehr, nix, das mich nährt, und dann habe ich das Gefühl, die Welt drehe sich langsamer. Es sei einfach nichts los. Handke ist es übrigens, der - neben dem oben neu gewonnenen - einen meiner wichtigsten Sätze im Leben formuliert hat: "In der Traurigkeit das Bedürfnis, schön angezogen zu sein." Ein Abgrund - eine massive Aufgabe, den Satz auszuloten. Echter Kauknochen. Auf dem subtextlichen dieses Satzes liessen sich tagelange Workshops erarbeiten. 

Diese unbekannte Seele, die mich umtreibt, sie zeigt sich mir wie eine Spinne, die sich im eigenen Netz verheddert hat. Nicht so übel aber auch nicht mehr wirklich freigängig. Es geht ums Denken und ums Schreiben und ums sich-Einordnen, bis man niemand mehr ist. Ich kenne das. Und ich wehre mich auf andere krüpplige Weisen dagegen. Fremdbeschränkt. Da helfe ich mir selber. Schön diese Woche, dass mich überraschender Weise vier kluge Köpfe angefragt haben, verknüpft zu sein. Die haben nämlich auch Hunger nach Stoff, Denken, Querem, neuen Sichten und die mögen auch eine gewisse gewagte Klarheit. Selbst im Zweifel oder im Scheitern kann man nämlich klar sein. Man ist dann sozusagen 'abgeklärt'. Aber eben ...

Herbst. Die Melancholie hervor. Andere Musik. Zu wechselnde Worte. Ich hab sogar die 'Americana' hervorgekramt, diesen Schrotthaufen. Und so lese ich an den Rändern von Phaszinosen fremde Ansichten zu Angela Merkel, lese Musil, lese Schirrmacher, lese Cioran, lese unzählige Male x'welche Onlineformate, von BILD bis NZZ. Ab und zu rauche ich eine Cigarre; auch das geht im Herbst besser. Die Luft dazu ist frischer. 

Wenn man durch seinen Geist in eine hohe Sensibilität gezwungen ist - oder wenn eine hohe Sensibilität einem all die Denkerei aufkniet, darf man sich nicht anpassen. Das macht einen krank. Das wäre der falsche Weg. Wenn Wahrnehmung oder Geist potentieren, muss man dem Futter geben. Man muss es spielen lassen, austoben und 'sparkeln', wie mal jemand sagte. Denn nur "so" wird es einem - wegen des Ausgleichs - noch möglich, das Simple, das Banale, all das zu erfüllen und zu erledigen, was einem nicht gut tut. Es sei an dieser Stelle weder abgewertet noch verurteilt, das Simple und Banale, es ist aber für einen sensiblen Geist oder einen geistig Sensiblen so, dass auch Arbeit, Texte, Dialoge und zu Erledigendes wie bei einer Diskussion zwischen Nahrungs- und Lebensmitteln, es sowas gibt, wie 'Junk Food' - Junk Food für mein Wesen, welches sich dann rettet durch eine eigene Küche, wo ich die Zutaten, die Zubereitung, die Reinheit und Klarheit für mich bewahre, bevor mir der Müll und Trash von z.B. Fernsehen meinen Leib vergiftet. Ein einziger Satz von Handke rettet mich für Wochen: "Schreiben. Das unendliche Schweigen.". Von solcher Substanz kann ich leben.

Dass mir meine Liebste einen Tisch mit vielen Leuten, Musik, Bäder und ein Buch schenkt, ist besonders darin zu erkennen, dass sie mich sieht und kennt und mich machen lässt. Sie gewährt mir diesen Raum, in dem ich wüten können muss, ansonsten ich eingehe wie ein verfilztes Tier an einer Kette. Daher auch mein immer dabei seiendes NOTE'book. 

Wann immer mich in den letzten Jahren etwas tiefer umtrieb, waren es Seelenverwandte, ähnliche oder gleiche bzw. bekannte Formen von Abgrund, Schmerz, Leiden und Aushalten. Sein unter Umständen. Und all dessen Abformen, krüpplig, verzogen, nicht wirklich leicht oder unbetroffen. Das Schöne, .. das Schöne ist für mich nichts, was ich im Auge erkenne. Das Schöne ist ein Gefühl von Dasein, Kunst zu scheinen, so dass es anzüglich wirkt. Anzüglich subtextlich. Anzüglich driftend. Anzüglich ringend darum, im Leben gelebt zu haben, nie wirklich wissend, was das genau sein könnte. Am Abgrund - mal mehr, mal weniger. Unerfasst. Fragil. Membran. Partikular. 

Das Bild oben, das ist mir ein toll gedeckter Tisch. Mal mit einem Glas, mal mit Raucherwaren, in ganz guten Momenten im Gespräch - sonst besser im Schweigen. 

Cheers - auf die Lust, herbstlich traurig zu sein.

Jona Jakob



Freitag, 16. September 2016

Unvermögendes Tragen

Mit jedem auf selber Spur des positiven Denkens, werden die Beiträge von ähnlicher oder gleicher Aussage und Hinweis. - Das Auge fürs Schlechte, Arge, Gefährliche wird blind. Zuletzt fehlt, dass uns fürs Unangenehme die Sprache ausgeht. Nicht, dass uns hierfür die Worte fehlen würden. Es wird vielmehr eine verschämte Unfähigkeit sein, dem Negativ eine stabile Haltung zu zeigen und ein vermögendes Tragen.

Jona Jakob - 2016

Dienstag, 13. September 2016

Michael fragte mich zum Geburtstag ...

Lieber Michael

Danke - ich liebe es, gefragt zu werden, das hat so viel Nähe und Bezug zueinander. Ein Geschenk, gefragt zu werden - ich will mich daran versuchen.

  • Wer hätte gedacht, dass 54 Jahre nach Deiner Geburt Du in Neu-Isenburg lebst statt in der Schweiz, Deiner Heimat? 

Warum sollten erste 52 Lebensjahre zu etwas werden, das man als 'Heimat' für sich gelten lassen würde? Setzt man das wegen dem 'Gebürtigen' einfach voraus? Oder muss man da vorsichtiger, weitblickender sein? Ich wurde in über 50 Jahren nie Schweizer. Ich kann dir das nicht erklären, aber dieser Heimatgedanke in Bezug auf die Schweiz, den spüre ich nicht und hier immer weniger. Ich werde auf dem warmen, trockenen Sandboden von Rhein-Main sterben und meine Ruhe finden. Und man darf dabei nicht Gedanken haben, etwas missfalle mir zur Schweiz, nein. Aber vielleicht habe ich von hier aus die viel bessere Distanz zu ihr und auch die für mich optimalere Nähe zum Boden und dem Wesen an Menschen, wo ich jetzt lebe. Dabei ist zu beachten: Mein Wesen zog es stets dort hin, von Bern nach Zürich und erstaunlicherweise von Zürich nach Frankfurt, wo es mich mehr forderte. Der Raum muss mich fordern. Hier lebte Goethe, hier gibt es die FAZ und die Frankfurter Schule. Hier gibt es eine Türe zur globalen Welt - gut, die gibt es in Zürich auch. Und mich würde weder Berlin noch London reizen. Wenn noch weiter, dann vermutlich nach Beirut oder Constanza. Es muss schwieriger sein, nicht aufregender. Und schön. Rhein-Main ist für mich wirklich guter Boden, den ich jeden Tag empfinde. Wärmer, trockener, offen, flach, weit. Ich zog nicht fort, ich zog hin.


  • Was würdest Du anders als jetzt machen, wenn Du wüsstest, dass Du weitere 54 Jahre zu leben hättest? 

Hihi ... als wüsstest du, wann für mich fertig ist. *lach* Dabei haben wir getrost so angestossen: "Auf nochmals 54 Jahre.* Und keiner fand das sooo unmöglich. Die Frage hier ebenfalls: Warum "anders machen"? Der Frage inhärent wäre eine Art Ressentiment aus dem eigenen Leben, als wäre was falsch gelaufen. Nö. Es lief tatsächlich ne Menge Scheiss - aber ob der falsch war? Nein, die Frage ist viel mehr so zu stellen: WAS machst du mit nochmals 54 Jahren? Was ist dein Beitrag? Wie wird dein Wirken? Was schonst du? Was verbrauchst du? Was bezweckst du damit? Was haben die anderen davon? Kurz: Was machst du mit den kommenden 54 Jahren? Mein Plan ist für die nächsten 30 Jahre, Individuation zu ermöglichen, ob hier im Antwortgeben auf deine Fragen, ob im Niederschreiben meiner Antworten für andere Lesende. Was von mir ausgeht möge möglichst viel für andere sein, damit die sich selber werden. Ich habe dazu keinen Auftrag noch eine Mission. Es ist ein Entscheid und Vertrag mit mir selber, so zu leben. Und wer dann für sich entschieden hat, zu mögen, der weiss und spürt selber, ob er vom Meinen etwas brauchen und nutzen kann und mag. Und in ca. 20 bis 30 Jahren schau ich nochmal, was dann Sinn macht.

  • Was wäre anders, wenn Du wüsstest, dass es nur noch 54 Tage wären? 

Ich weiss seit meinem tiefsten Tief meiner Lebenskrise, ein Tag im Jahr 2005, dass es keinen Tag mehr dauern kann, um tot zu sein. Jeder Zufall kann mich raffen. An dem Tag fragte ich mich, ob ich noch leben mag oder nicht. Und die Antwort war nicht unbedingt: Ja, ich will leben. Das genügte mir nicht. Das fand ich eine ziemlich aussagelose Antwort. Denn die Antwort machte für mich keinen Sinn, so lange ich ihr nicht die Kondition zustellte: Ja, aber wenn ich leben will, dann nur, wenn ich gut leben will. Was immer 'gut leben' für mich bedeutet. Seither lebe ich gut. Klar, dieses 'gut' wurde von dem Tiefpunkt an auch immer besser und wie gesagt, ich feierte einen wunderbaren Geburtstag. Aber mit diesem Bewusstsein lebe ich auch "gekündigt". Ich setze seit dem Tag im Jahr 2005 nicht voraus, zu leben. Ich lebe im Zustand eines Mitarbeiters, der gekündigt hat, das Unternehmen im Guten verlassen will, aber noch in Leichtigkeit seine zwei Monate Kündigungszeit korrekt und zugewandt leistet. Es gibt dann ein Abschlussfest und ein feines ernsthaftes und ehrenvolles Abschlusszeugnis. Alles ist gut. Ich hätte in mir also keine Not, wenn es nur noch 54 Tage wären. Daher erübrigt sich die Frage nach einem Zeitpunkt eines letzten Tages ob in 54 Tagen oder 54 Jahren. Spürst du, dass diese Orientierung kein Fatalismus ist, sondern meine Fröhlichkeit? Ich liebe meinen Schnitt.

Was genau mich nährt, lässt sich nicht kaufen oder mit einer Liste abhaken. Ich verstand mich am Sonntag im Gespräch, ich verstand mich am Samstag in einem weiteren Satz von Handke. Ich verstand mich am Sonntag in den Worten einer Dankeskarte zu einem gemalten Bild. Ich verstand mich abends im Intellektuellen des Polizeiruf 110 mit Brandt und Auer. Das Geistige ist geistig. Es kann nicht gelebt werden. Man kann aber einfach vor sich hin leben und dabei das Geistige sammeln. Als Happen. Sinn'volle Amuse-bouches.

Danke, dass du gefragt hast.

In Freundschaft zum Leben

Jona

Montag, 12. September 2016

Warum das Können, als Unfähig zu gelten, die Welt übernehmen wird ... worauf also den Fokus halten?

Wichtiger, als die Aufmerksamkeit bei der AfD zu haben, wäre es, all denen zu folgen bis hin zum Einzelen, die einst die Piraten aufpoppen liessen. Deren spezifische Unfähigkeit zum Gehorsam, zur Organisation, zur Gruppe und Administration, zur Konformität und irgend einem Plan, auch Unfähigkeit zum Kapital, ... DAS wird das NEUE.

Wenn das Laben am Reaktionären schier zur DNA des Selbstverständnisses zählt, sollte man dabei nicht die reale Tatsache aus den Augen verlieren, dass genau diese Blindheit zwei Mal zum verlorenen Krieg in Terra Incognita führte.

Hündisch mit Armeen am kalten Winter der Ferne zu kollabieren und einzuknicken, ist von selber Ignoranz und Debakel, wie mit nun veralteten Strukturen der Wirtschaft gegen die Diffusion und die Digitalisierung anzulaufen.

Keiner dieser völlig losgelösten Piraten wird sich einen Deut um die Aufstellung einer reaktionären Organisation und Gesellschaft kümmern, weil alleine er und sein Anschluss ans Internet ihm reicht, die Welt aus den Angeln zu heben. Egal, aus welchem elterlichen Kinderzimmer, egal wie gross das Ding, dass er einstürzen sehen will.

Die Diffusion und Digitalisierung, das sind immer noch Menschen, meist Einzelpersonen oder kleine Trupps, tätowiert, ungewaschen, miefend und schlecht ernährt. Sie pflegen Beziehungen zu ihren Hunden, Ratten und Turnschuhen. Sie sitzen hinter drei bis sechs Tastaturen und wollen nur spielen. Sie lieben es, als Underdogs viral zu wirken. Und lachen über jeden Schnösel, der sich nen Anzug anzieht und in die Vergangenheit eines Unternehmens geht, um dort nach geregelten Zeiten zu arbeiten.

Der ganze Parteibetrieb ist retro. Technik wird die neue Politik. Denn gerade an all die lieben XING-Leserinnen und Leser, Poster und Beschwörer ... Sie alleine schreiben nun seit 2 Jahren vom Wort 'Agil' - das ist aber nicht das verharrend Statische reaktionären Reagierens, wie es in einer AfD und anderen alten Parteien manifest wird. 'Agility', das sind Systeme und Entwicklungen, dynamische Prozesse, die wir nicht wirklich kontrollieren. Noch nicht. Vielleicht ist der Paradigmawechsel eben jener, dass diese uns kontrollieren werden, diese Techniken ... und wir, wir jammern und zetern nach der "guten alten Zeit", nach so etwas Ominösem wie 'Kontrolle'. So lange wir Kontrolle nötig haben steht jeder von uns auf verlorenem Posten.

"No chance," sag ich mal. Warum?

Die anderen haben das Motto: "No Fear"

Klingt selbstbewusster und massloser ... irgendwie.

Jona Jakob