Donnerstag, 14. Oktober 2021

1. Todestag

Bin voller Gefühle, mir läuft das Wasser auf Arbeitspapiere. Der Bub in mir hätte gerne Pfannkuchen mit Konfitüre. Und dazu diese Frau, die beim Pfannkuchenbacken zwischen Tisch und Herd hin- und herzaubert, immer ihren Hüftschwung auf meiner Höhe. Elkchen ...


Elke verstarb am 13.10.2020 - unfassbar ... 


Samstag, 11. September 2021

LiLu Frankfurt - 10 Jahre Leben

Mit dem 11.09.2021 sind es exakt 10 Jahre, dass ich Elke kennen lernte, dass wir Hochbegabte uns ein letztes Mal in Frankfurt trafen, dass ich kurz darauf zu Elke nach Neu-Isenburg zog und ein neues, mein vorerst letztes Kapitel Lebenszeit begann. Heute, den 11.09.2021 schließe ich mit dieser Zeit in meinem Leben ab, es beginnt eine neue. 

Es gäbe aus dieser Zeit viel zu berichten, doch mir ist nicht danach. Es war, was es war. Und es war eine wunderschöne Zeit mit Elke an der Seite. Nun schaue ich weiter, was sie mich in dieser Zeit alles lehrte, es muss reichen, in diesem Land auch alleine dastehen und bleiben zu können. Dass nun plötzlich der Mensch fehlt, mit dem ich ins Alter wollte, das konnte niemand vorhersehen. 

In diesen Tagen meldete sich B.M. aus Frankfurt. Ebenso Ch.S. Beide Frauen sind wichtige Gesprächspartnerinnen, geliebte große Geister, differenzierte Betrachterinnen. Ich danke euch beiden für den stets gebliebenen Kontakt. 


Unter dem großen Baum feierten wir 2011 im Licht-und-Luft-Bad Frankfurt, dem LiLu.

Viele Hände halfen mir, den Anlass unter freiem Himmel auf die Beine zu stellen. Hier ist R.G. bei den Vorbereitungen dabei, den Ausgabetisch vorzubereiten. Wir hatten einen wunderbaren Tag vom Wetter her und es war auch von großem Glück, unter dem wunderbaren Baum im Schatten sitzen zu können. Was man deutlich erkennen kann, ich war noch 115 Kg schwer, heute sind es noch 90 Kg. Ich muss bei den Bildern selber grinsen. 

Das Li-Lu, sprich Licht-und-Luft-Bad Frankfurt, findet ihr im Stadtteil Niederrad, es liegt dort direkt am Mainufer und ist eine der schönsten Parkanlagen, die ich kenne. Gehen Sie hin, spazieren Sie, machen Sie ein Pick-Nick. Es hat ein kleines Sommerlokal, Toilette und viele verwunschene Spazierwege ... einfach traumhaft dort. 




Später kam die Hamburger Hafenbarkasse 'Holli' vorbei, ich kannte bereits ihren Skipper. 
Wir fuhren mit ihr bis hoch zu den Ruderclubs der Stadt Frankfurt. Eine wunderbare Gelegenheit für ein kleines Abenteuer, einen Schwatz und eine von mir immer geliebten Bootsfahrt. Mit so etwas kann man den  'Bub' ja richtig glücklich machen. 


Auch wenn sich diese enorme Gewitterzelle anzeigte, es wurde nichts daraus, das Wetter hielt.


Ich trage Frankfurt wie eine Heimat in meinem Herzen. Woher und warum, das kann ich euch noch heute nicht erklären. Ich möchte mich daher an dieser Stelle für die zahlreichen Kontakte und Begegnungen in dieser Stadt bedanken. Heute lebe ich in Aschaffenburg und fand auch hier wunderbare Menschen und Freundschaften. Und was nun mein nächstes, neues Lebenskapitel mich widerfahren lässt, das können wir heute, am meinem 59. Geburtstag nicht wissen. 


Zum damaligen Geburtstag erhielt ich ein Geschenk besonderer Natur, eine eiserne Schale für meinen täglichen Hosentaschenklimbim. Das sind Dinge, die mich täglich an jenen Menschen erinnern, an die Hingabe, die Freundschaft, das Teilen und das Nicht-Vergessen. Das Bild daneben ist vom September 2021. Na, fällt euch etwas auf?


           
                                                         2011                                                              2021

In diesen vergangenen 10 Jahren mag vieles auch mal nicht gehalten haben, misslungen sein oder es zerbrach sogar. Es gab die Stationen Mörfelden-Walldorf, Seligenstadt, Frankfurt-Niederrad, Neu-Isenburg und last but not least Aschaffenburg. Liebe Menschen, Freunde, Kontakte, verzeiht. Wo immer ihr lebt und seid, alles ist gut, ich trage euch alle in meinem Herzen. Ich hoffe, ihr habt ein gutes Leben und findet vielleicht diese Zeilen mit einem Lächeln. 


#Hochbegabung

Das Thema der Hochbegabung und hohen Sensibilität lebt weiter. Es ist viel entstanden, Gutes und Aktives. Nach all den Jahren bin ich mit Lilli Cremer-Altgeld per Du, wir sind im Dialog. Und nun, im neuen Lebenskapitel will ich wieder hin zu dem Thema: Mit dem Tod von Elke im Oktober 2020 erkannte ich, dass es da ein enormes Kapitel gibt, welches noch nicht geschrieben ist: Hochbegabung im Alter. Die oft solistische Lebensweise, die verbreitete Kinderlosigkeit, die häufige Distanz zur Geburtsfamilie, das Netzwerk der Lebensfamilie ... das zeigt sich neu, wenn man alleine ist, wenn man erkrankt oder unter andere Alternde gelangt. Da gibt es enorm viele Brennpunkte und ich werde sie gerne mit euch betrachten. 

Lasst uns wieder zusammenfinden, bleibt im Kontakt, auch wenn es eine kleine XING-Nachricht ist, ein Update von Telefonnummern oder eMailadressen. Trefft euch, wenn ihr die Gelegenheit habt. Verliert euch nicht, bloß weil der komplexe Alltag euch aufsaugt. Wir können unsere Prägungen nicht abstreifen, wir werden noch vor dem letzten Atemzug das Bedürfnis haben, in unserer Komplexität verstanden zu werden. Hierfür brauchen wir ganz besonders uns alle, die wir damit berührt sind. 

Ich wünsche euch eine gute nächste Zeit. Mich findet ihr in Aschaffenburg oder per jj(at)jonajakob.com. Auch hier in AB, ich habe immer Platz und fast stets Zeit, seid herzlich willkommen in dem schönen Ort. Die Türe steht offen. Liebgruß an euch alle und meinen großen Dank. 

11.9.2021

Jona Jakob
Geburtstagskind



Freitag, 10. September 2021

Jemand sprach mich auf meine Trauer an

 





Freitag, 27. August 2021

Hinterbliebene

Heute besuchten mich Elkes Schwester und der Schwager aus Nürnberg. Wir erzählten uns bei mir zu Hause, dann gab es Mittagessen in der Taverna Ouzo bei Angelino. Wir konnten draußen sitzen, alles war fein. Dann Besuch aufm Friedhof.

Drei Erwachsene, die alle reichlich befrachtet auch unsicher waren. Eines jeden Gefühle schwappten hoch, verkrochen sich, bettelten und hätten es gerne wie früher gehabt. Oft reden alle drei im selben Moment los. Wir wollen es aber schaffen und bleiben, ob bei mir, im Lokal oder am Grab immer noch eine Viertelstunde länger sitzen, als würde man nachziehen. Unsere Seelen wollen aufschließen können und wieder zu uns finden, in unserer Traurigkeit, Erschütterung und unserem allseitigen Bemühen, es gut zu machen. Meine Schwägerin tut mir sehr leid. Sie vermisst ihre Schwester, mit der sie erst durch unsere Beziehung wieder zusammenfand und sich darob freute. Nun ist die Möglichkeit weg. Sie kann nicht genug mir verständlich machen, bitte zu bleiben und es zu schaffen. So verabschiedet sie sich unter Tränen.

Bild: JJ privat, 2021

Wir hatten Glück, die kleine Friedhofslichtung zeigte sich leicht sonnig, grün und von lauer Luft. Wir mochten dort gerne sitzen und ließen so den Geschichten ihren Lauf, damit abschwemmen konnte, was erst einmal raus musste. Jemand will zuvor da gewesen sein, eine silberne Rose zurücklassend, die noch da war und mich beschenkte, weil es sich wie eine Ehrbezeugung für mich anfühlte, wenn man für Elke eine solche Geste ... - danke an die unbekannte Person, danke an alle, die Elke am Grab besuchen gehen, am Querweg 10 links, bei der Sitzbank. Auf dem Rückweg, wir waren weitum alleine, den sorgsamen Blick auf jemand anderes Stätte, ob alles recht sei, ... ein höflich stilles Nicken aus Respekt, dann weiter, niemand bemerkte meine stille Bewegung.

Wie sehr der Mensch ringt, ob könnend und auch mal nicht, übt auf mich seinen Zauber. Dieses Bemühen, auch wenn man Fehler macht, versagt oder scheitert ... sich doch bemüht, weil einem das Miteinander so wichtig ist, ganz unbedacht, sondern aus einem tiefen Gefühl fürs Leben, aus Liebe und für eben diesen anderen Menschen. 

Wir sind so. Wir sind alle so. Denke ich und fühle in mir weiter.


Jona Jakob (c) 2021

Mittwoch, 25. August 2021

Glaubst Du ...

Glaubst Du wirklich, mein Herz fragt Dich oder mich, wen es liebt? 




(c) Jona Jakob, 2021

Neues Kapitel

Sehr geehrte Leserinnen und Leser

Nach Monaten des Entrissenseins im Leben kann und mag ich wieder zurück sein und mich meinen Dingen widmen. Der Tod meiner Frau erzeugte noch manches starkes Nachbeben, doch nun lichtet es sich und eine Sache ist mir in diesen Tage eine wichtige Freude: Ich darf und kann mich wieder ganz der Coachingthematik und der Hochbegabung/Hochsensibilität widmen. In meiner Krise gab es eine Zahl an Beobachtungen die Hochbegabung betreffend, die ich auf jeden Fall niederschreiben will. Auch betreffend die Sensibilität kann Erlebtes vielleicht Inputs liefern.



Bild: JJ, 2018

Ich lebe und arbeite weiter in Aschaffenburg bei Frankfurt. Auch sind meine HB-Kontakte in der Schweiz weiter intakt. Ihr findet mich noch bei Facebook und Twitter, wo ich meine alten Akkounts gelöscht hatte. Die sind neu erstellt, ich freue mich auf neue oder reaktivierte Verknüpfungen. 

Nun hoffe ich, euch/Ihnen geht es gut, die Gesundheit trägt wohlauf und die gesellschaftlichen Nöte sind handhabbar. 

Ich grüße Sie herzlich
Jona Jakob

Coaching Aschaffenburg
Jona Jakob
Erthalstr. 1A
63739 Aschaffenburg
Tel. 06021 36 24 36 7
Mob 0174 315 72 11

info(at)coaching-aschaffenburg.de


Dienstag, 25. Mai 2021

1962 - bis heute.

 Als ich 25 Jahre alt war, erhielt ich Post von meinem Vater aus Bern. Es war ein schmales Kuvert und darin fand ich nicht mehr als eine herausgerissene, vergilbte Seite eines Taschenbuches. Auf der ersten Seite fand ich keinen Zusammenhang. Auf der Rückseite hingegen war eine Stelle markiert, die folgenden Satz umfasste: 

Zitat: 

Das Eine, was not tut, ist und bleibt doch, dass ein Mensch 
im Verhältnis zu seinem Leben nicht sein Onkel ist, sondern sein Vater. 
- Sören Kierkegaard.

Das war es. Kein Wort vom Vater dazu. An dem Satz erstickte ich kurz, da ich ihn nicht zu deuten vermochte. Ich ließ ihn liegen, spürte und wusste zugleich aber, dass ich ihn nicht ignorieren können würde. 

20 Jahre später wurde ich Coach. Mein Leben fügte es, meine Ausbildungen nahmen auf mich Einfluss, meine persönlichen Reflexionen und Texte, Gedanken und die wenigen Anteile Philosophie, sie alle stellten die Frage: Wer ist man selbst? Ich auch, ich fragte: "Weißt du, wer man sein könnte?" Und aus diesem nie wirklich endenden Fragen entstand meine erste Interpretation von Kierkegaards Gedanke, 

  • dass mit 'sein Onkel' der gute Ratschlag im Leben versinnbildlicht gemeint sei, und
  • dass mit 'sein Vater' man sich in die Verantwortung zu nehmen habe, vor sich und vor anderen.

Damit erklärte ich diesen Satz gute 15 Jahre lang. Bis ich eines Tages dank dem Internet dem Satz tiefer folgte und dann zu lesen bekam, dass Kierkegaard nicht nur ein Lehrer, Philosoph und Staatsgründer war, sondern ganz besonders ein Kirchenmann, ein Theologe - das Wort 'Vater' sei daher auf 'Gott' zu verstehen. Plumps, das schlug mich zurück, denn mein Leben wurde mir ganz ohne Kirche und Gott anerzogen, Form einer höchstmöglichen Selbstständigkeit, aufrecht und auf den eigenen Beinen zu stehen. Und jetzt sollte ich diesen Satz dem Göttlichen unterstellen? Um ehrlich zu sein, das mochte ich wirklich gar nicht. In diesem Zwiespalt hielt ich mich zurück, Sörens Worte anzuwenden und sie für eine coachende Betrachtung einzubringen. Nicht weil ich gegen die Idee 'Gott' wäre oder  so, niemals. Aber ich folgte stets dem Gedanken der Individuation, einer Ganzheit als Mensch - ohne jeden Gott. Eine Anlehnung an einen Glauben war für mich viele Jahre meines Lebens so etwas wie ein Handlauf, Stützräder am Fahrrad - nimmst du die nie weg, wird kein Können daraus. So dachte ich lange Zeit und forderte, was in vielem dem Christlichen in seinen Gedanken - dem Miteinander - nicht unähnlich blieb.

Jona Jakob - Mai 2021

Nun bin ich bald 59 und muss mir erneut Gedanken zu mir machen. Wenn ich zur Idee Gott etwas verstehen könnte, dann diesen einen Gedanken: Er gab seinen einzigen Sohn her, den wir dann kreuzigten. Dies betrauern wir festlich zu Ostern. Mit 59 ist aber nicht mehr 1980 oder das Jahr 2000, es ist unterdessen 2021 geworden. Knappe 60 Jahre weiter in dieser Welt, die sich verändert und gerade zur Zeit unvorstellbaren Veränderungen nachgeht, sich wieder neu aufstellt. Jedenfalls scheint mir das so. 

Es ist nicht so, dass die Welt nicht toll wäre. Oder dass ich Leben nicht lebenswert fände. Wem ich jedoch nun den Rücken zukehre, das ist der Zeit. Die Zeit, die jetzt und die nächsten Jahre in dieser Welt verlaufen wird. Die interessiert mich - gegenüber meinen mir immanenten Haltungen (Deontologie) - nicht mehr. Ich kann darin weder bestehen, noch interessiert das wen. Da ist kein Dienst mehr zu tun, keine erfüllte Pflicht macht mir darin einen Sinn. Viel mehr mag ich so bleiben, wie ich bin. Ein Mensch, getrieben aus dem Gedanken des Humanismus, dem Werte und Haltungen in einem eher konservativen Verständnis das Leben zählen - sich nicht vom Surfen verführen lassend, ob all den schimären Möglichkeiten des Pragmatismus, der New Economy, der Optimierungen und dem immer dichter und die Freiheit raubenden Netz allem Digitalen. Ich möchte mein Glück darin begreifen, genau in dieser Zeit gelebt zu haben, von 1962 bis heute. Vielleicht war es die beste Zeit, welche diese Erde je erlebte. 

Ich danke allen Freundschaften, Helfenden und Beziehungen, den Geliebten. Die Begegnungen und das Miteinander sind mE die einzigen Momente, wo ein Mensch dem Leben alles abringt. Und davon hatte ich mehr als man es sich vorstellen kann. Ich lebte an 15 Orten. Ich hatte vier Berufsausbildungen und endlos spannende Aufgaben. Ich war zwei Mal verheiratet und tausend Mal verliebt. Also täuscht euch nicht, was am Leben ich nicht gelebt hätte. 

Was heute nun 'zählt', das vermag mich nicht mehr zu berühren. Es zählen die Tracker und ermahnen dich, Wasser zu trinken oder zu Bett zu gehen. Hierfür bin ich zu emanzipiert. Wo ich als Mensch noch hingelangen gemocht hätte, dafür tötete zuletzt ein Krebs meine Liebste und raubte ein Virus alle Möglichkeiten. 

Wer mich kennt und über lange Jahre mich las, die oder der weiß, dass ich mich immer und immer wieder mit dem Wort 'Deon' beschäftigte - der Pflicht ... 

... doch zu sein eben, 'sein Vater'. So schließt sich der Kreis. 

Und erneut staune ich über meinen Vater, eine Figur, die mich mein Leben lang nährte, gerade darin, dass er mich nicht zu sehr bei sich haben wollte, wie er niemandem zu sehr bei sich sein ließ. Er war kein kalter Kerl. Er war voller Poesie und Leidenschaft. Doch was ihn abhielt, mich und viele andere an sich heran zu lassen, war immer und immer wieder eine Haltung, dass er sich nicht sicher sein konnte. Im Sinn von: "Wie soll ich dir zurufen "komm her"? Wie, wenn ich es doch selber nicht genau weiß." Wann immer er etwas nicht wirklich umfasste, es sogar eher von sich wies, musste man versuchen es so zu sehen, dass er rücksichtsvoll war, mit deinem Raum, deinem Werden, deiner Ganzheit, deiner Emanzipation und last but not least deiner Person - sprich: Er blieb gebührend in Abstand zu deiner, auch meiner, ganzen Schönheit, die er mehr respektierte, als jede eigene Sehnsucht. So verstanden wir, er wie ich später auch, Liebe. 

Da wieder, im Geben statt im Nehmen '... eben zu sein, sein Vater'. 

Danke an euch alle.

Jona Jakob


Von mir bleiben fünf Blogs. Die findet ihr am rechten Rand verlinkt. 

Google: 
Nun steht aber das Allgemeine , das ich als meine Pflicht verwirklichen soll , nicht fest , sondern ist allerlei historischen Schwankungen unterworfen . ... Die Hauptsache ist darum nicht , daß ein Mensch an den Fingern herzählen kann , wie viele Pflichten er hat , sondern daß er ein für allemal die Intensität der Pflicht gefühlt hat ... die Hauptsache , das Eine was not tut , ist und bleibt doch , daß ein Mensch im Verhältnis zu seinem eigenen Leben nicht sein Onkel ist , sondern sein Vater .



Mittwoch, 27. Januar 2021

Mittag im Urlaub

Es war ein Dienstag, als er sich an diesen Tisch setzte. Er träumte von Momenten seiner Kindheit, als man im Urlaub nachmittags den Strand verließ, seinen Kram vom Sand befreite, sich Badetücher und Taschen, Campingstühle oder Liegen irgendwie über die Schulter hängte, die Strandschlappen an den Füssen und einen Hut auf dem Kopf. So ging man zurück. Zuerst durch Gräser und kleine Dünen, später unter dem Kiefernwald, hinein in diese meist eingegrenzten Terrains für kleinste Ferienhäuser, flache Bauten, die etwas Garten darum hatten, Platz für ein bis zwei Autos, für Sportsachen, Spielzeug und besonders um draußen im Schatten der Baumkronen sitzen zu können, Grill, Schaukel, Sonnenliegen. 



Es gab des nachmittags Mittagessen, jemand war im Haus geblieben und kochte, und es roch nach Meer, nach Knoblauch in heißem Olivenöl, Zitrone, Rosmarin und nach Meerfrüchten, Fisch oder gegrilltem Fleisch. Kindlicher Hunger hielt ihn auf Trab, er konnte kaum warten, bis alle am Tisch saßen und das mediterrane Vergnügen auf die Teller geschöpft wurde. Er war glücklich, nahm alles auf, was ihm seine wachen Sinne boten. seine Haut roch nach Sonnencrème. Danach schlief man bisweilen eine Stunde, dann wurde öliger, schwarzer Café mit etwas Zucker herumgereicht. Die Erwachsenen tranken zur Verdauung kleine, eisige Schnäpse.


Jona Jakob, 2021

Montag, 18. Januar 2021

Wenn man den Tod seiner Frau erbt

Drei Monate danach. Ich wache gegen 05:00 Uhr auf, mein Brustkasten dünstet miefig durchs Shirt, obwohl ich gepflegt bin. Ich zittere. Dann hört die Scheiße bis 09:00 Uhr nicht auf, wo ich verheult im geerbten Unternehmen aufschlage und mit irgend einer Arbeit beginne. Zu Hause versuchte ich mich über Stunden zu retten, machte Haushalt, Wäsche, Küche, Blumen, Betten. Aber nichts half, die Panik hatte mich für Stunden fest im Griff, obwohl kein Anlass den Anstoß dafür gegeben hatte. Noch zuvor erlebte ich drei Tage Wochenende in entspannter Zeit, kein Zweifeln, gute Gefühle, Zerstreuung und liebevolles Aufgehobensein. Alles gut. Dann BÄMM, voll die Attacke. Ich wusste in dem Zustand nicht mehr, wen vertraut um Hilfe anzurufen. Ich hatte mehr als fünf Menschen im Sinn, doch ich rief nicht an. Vielmehr schlitterte ich weiter über diesen bodenlosen Abgrund.


 
Bild JJ: Tor am Main, Aschaffenburg

Auch der Versuch, mich nochmals ins Bett zu legen scheiterte an der inneren Getriebenheit. Um acht Uhr zog ich mich an und machte mich mit Phibi auf den Weg ins Unternehmen. Ich hatte Bio- und Restabfall, den gelben Sack, eine Bürotasche und Phibi am Arm. Ich heulte noch im Schloßpark und bis rein ins Parkhaus, wo der Dicke wartete. Eigentlich sollte man so nicht autofahren. Ich versuchte, jemanden telefonisch zu erreichen. War nicht möglich. Und was dann half, das waren Worte, die zwar nicht anders zu lesen waren, wie all die tröstenden Gedanken, welche ich zuhauf erhalte, doch in einem Punkt unterschieden sich diese und wurden für mich wirksam - ich füge sie hier in demütigem DANK ein:

Zitat: Ich kenne diese Gefühle der Panik und kann es schmerzlich nachvollziehen, aber da musst du leider durch und es wie eine Welle wahrnehmen und dran denken das auch die höchste Welle am Strand ankommt und abebbt. Es werden wieder gute Gefühle kommen. - Ende Zitat.

Es sind Worte von jemandem, dem der Ehepartner verstarb und ein Unternehmen hinterließ, welches mit Kindern, Haushalt und Angestellten etc. zu halten war. Die Quelle hatte für mich Ge'Halt, wirkte erfahren, eins-zu-eins.

Es ist nun 16:27, ich hatte einen durchaus erfolgreichen Tag, auf dem Heimweg ein wichtiges und positives Telefonat, vor dem ich mich früh noch scheute. Ich bin wieder zu Hause und safe. Was mir aber von dem Schreck bleibt ist, dass er trotz aller guten Momente und wiedergewonnener Kräfte oder Heilung mir einfach reinschneit, als hätte mir jemand einen nassen Lappen in den Nacken geschlagen. Das war heute nicht nur scheiße, das war gefährlich und ich will das nicht.

Jona Jakob