Montag, 30. Dezember 2019

Erzaehl mir einen Zauber

Vorneweg:
Meine ae-Taste funzt nicht und ich mag mich nicht beugen.

Erzaehl mir einen Zauber
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Ich habe in einem der vielen tollen Aschaffenburger Fachgeschaefte, bei Schmuckdesign Irina Esser,  vor zwei Tagen einen Bergkristall geschenkt bekommen. Von der Inhaberin persönlich angeboten in einem Glas für Berliner Kindl Weisse, welches voller solch runder Kugeln war.  Ich suchte mir meinen Handschmeichler aus allen Handschmeichlern aus und bin seither damit glücklich. Dieser Kristall hat nicht nur unzaehlige Heilwirkungen, er fühlt sich einfach wie ein Geschenk an, so fein, so rund, so schmeichelnd - einfach ein kleiner Zauber.

Gestern kam mir die Idee, ich könnte solche Steine zum Abschluss eines Coachings meinen Kleintinnen und Klienten als kleine Dankeschöngeste anbieten. Obwohl mit etwas Zauber bedacht, sind die Dinger in jeder Form neutral, bescheiden und doch liebevoll.

Von der Idee erzaehle ich meiner Liebsten, auch um etwas ihre Reaktion zu erkunden, ob das eine runde Sache sein könnte. Sie war ganz entzückt. Ich frage noch, was die Dinger wohl kosten könnten und stelle mir vor, bei Irina um eine Bestellung anzuhalten. Ihr müßt wissen, die Schmuckdesignerin Irina Esser hat als Person schon so etwas Zauberhaftes an sich. Sprecht mal mit ihr und lasst euch mal in ihren Bann ziehen, so wie sie von Schmuck spricht, von Metallen, Steinen, Holz, Leder, Arbeiten - lasst euch mal etwas von ihr zeichnen, sie kann bezaubernd zeichnen. Ist alles ganz betörend.



Abends, ein paar Stunden spaeter, meine Liebste und ich faulenzen vorm Fernseher rum, zeigt sie mir ein Amazon-Angebot für diese Bergkristall-Handschmeichler. Auf dem Tablet sehe ich einen lieblosen Plastikbeutel mit 30 Steinen für  ein paar wenige Euros und das daemliche Grinsen von einer der Amazon-Versandkartons. Leck mich, der Zauber ist weg.

Und so beschaeftigt mich nun seit gestern Abend die nackte Desillusionierung, die mir die Globalisierung beschert - alles, restlos alles wird zum billigen Scheiß, bloß weil ich es schnell und günstig haben will. Die Ware hat nun den Charme wie so alte Konservendosen, in denen man rostige Naegel sammelt, die man vielleicht noch mal brauchen könnte. Was mir im Internet angeboten wird, ist Wahllosigkeit, Pragmatismus, Seelenleere - der Großkotz namens Konsum.

Ich aber wollte zaubern. Ich mag meine Coachees. Und ich mag schon das herzlose von Selecta-Automaten nicht, aber Amazon, Amazon ist für mich das Grauen. Wenn ihr es mir also mal so richtig besorgen wollt, dann bitte möglichst nicht mit Amazon. Es muss noch andere Wege geben, auch wenn diese mich nur darüber hinwegtaeuschen, nicht doch an einer Stelle von Amazon beliefert worden zu sein. Schenkt mir bitte weiter den Eindruck, die Ware kaeme aus einer verwunschenen Quelle.

Lasst mir den Zauber - ich kann den Preis bezahlen. Der Preis war mir selbst als 10-jaehriger Bub das Peinlichste. Besonders, wenn eine Preisaktion den Kauf beeinflußte. Ich will das nicht. Was ich möchte, ist das Echte, das Richtige, das Wahre - und das wird mir Amazon niemals geben können.

Irina, gerne 30-40 Stück. Und erzaehl mir bloß nicht, die seien auch von Amazon bestellt. Erzaehl mir mit deinem Gesicht, deinen Augen, deiner Stimme und Zugewandtheit etwas wie, die Steine kaemen von einer jungen Frau aus Rumaenien, aus Kasachstan, aus Sibirien und man könne sie nur ganz selten erstehen - immer dann, wenn man der Kunst des Sehens noch faehig sei, sonst würde man diese gar nicht erkennen können. Erzaehl mir einen Zauber.

Ich wünsche Ihnen ein zauberhaftes 2020 - lieben Dank für alles.

Jona Jakob, Aschaffenburg (c) 2019

Samstag, 28. Dezember 2019

"Weißt du, wer man sein könnte?" "Wo - ich kann dir sagen wo ..."

Wenn jemand von euch sich vielleicht fragt, was 'bewegt ihn', den Jona, dann kann als 'Muster', als 'Beispiel' dieser Text von Thomas Assheuer herhalten, der es auf einer Meta-Ebene schafft, die Entwicklungen und Entgleisung eines Botho Strauß darzulegen. 

https://gegneranalyse.de/personen/botho-strauss/#

Dieser Text ist für mein Fühlen und Denken, für meinen Kopf und meine explorierenden Interessen ein Weihnachtsgeschenk, eine Vitaminspritze, eine Bereicherung oder Nahrung überhaupt. SOWAS ist es, wofür sich mir Leben und Streben lohnt. So sehen, erfassen, analysieren und verfassen können. Nun gut, ich habe Koch gelernt - ein minderes Gereichen von Gerichten.

Nie werde ich solch einen Status oder Level erreichen - bestenfalls als Leser, der ob so manch verwendetem Begriff erstarrt und doch in der Lage ist, den Gedanken DIESES Textes zu verstehen und ihn nun auch darlegen zu können.

Wer Lust hat und ohne Angst ist, nicht gescheit genug hierfür zu sein, der möge zu Ende lesen, bis zum letzten Wort. Ihr lest dann den Text nicht nur, um die Wandlung eines Botho Strauß kritisch zu erfassen - ich verfasste auf meinem Notebook ein Worddokument mit dem Titel "Weißt du, wer man sein könnte?" - Assheuers Text lässt euch, vor oder nach meinem Tod, dort wandern, "wo man sein könnte". Das scheint mir in den Tagen zwischen den Jahren geradezu ideal.

Ich danke Thomas Assheuer für diese Arbeit, diesen Text.

"Paare, Passanten" von Botho Strauß, zählt zu meinen Lieblingsbüchern.

Manchmal fragt einem Facebook nach dem aktuellen Zustand:

- demütig und getrost und "wo zuhause" zugleich.


Jona Jakob, Aschaffenburg
Zwischen den Jahren 2019 / 2020


https://gegneranalyse.de/personen/botho-strauss/#