Freitag, 30. Juli 2010

Heiniger

Heiniger hatte getan, was von ihm verlangt wurde. Es war als Bub zur Welt gekommen, hatte nie geweint, kannte als Indianer keinen Schmerz und absolvierte Pfadi und Turnverein wie seine Schulen. Weil das Gymi dem familiären Anspruch entsprach, schaffte er seine Matur und da der Vater darauf was hielt, studierte er Rechtswissenschaften in St. Gallen. Er war ein Dr. jur. HSG, international vernetzwerkelt, bestens ins OBNW integriert und auch im Militär hatte er es bis zum Oberst geschafft. Kurz: jede mittelständische Bank riss sich um ihn und dann war da Lisa, dünn, lapprig, willfährig und heiratswillig. Sie passte zu ihm und er passte zu ihr. Jedenfalls sahen das die beiden Familien damals so. Heirat, Kind, Haus, zweites Kind, Eintritt in die Anwaltskanzlei von Matt, Bärlocher und Partner... - es sah für alle anderen wirklich gut aus.



Text von Jona Jakob, Juli 2010 - Copyright Jona Jakob ©

Mittwoch, 14. Juli 2010

Herbstmilde

Manchmal gibt es Momente, wo einem die Dinge, die Geschehnisse und Begegnungen weich vorkommen, langsam und rücksichtsvoll. Man spürt förmlich, dass man nicht übergangen wird. Da ist ein Fragen, ein Anklopfen, ein Platzmachen. Und dann entsteht ein Beisammensein, welches sich im Gegenseitigen nährt und sich vertraut. Manchmal entsteht aus dem Nichts ein Dialog, ein Tauschen. Manchmal scheint die Sonne dann tagdrauf im weichen Maisgelb ihres Herbstes. Die gewählte Musik ist leiser, langsamer, klanglich tiefer.

Man ruht in sich selbst, den Kopf leicht schief, das kleine Vermögen an Demut zu unterstreichen und ein Lächeln als Anteil am Glück. Tiere schleichen sich an und Kinder müssten sich heranlegen und einschlafen. Man ist satt wie ein Blütenstempel, klebrig,  fruchtsam, nahrvoll und duftend und ist da, komme wer da möge.Das gibt einem eine Tasse Tee, ein offenes Fenster, ein sanftes "Hallo" und ein Verstehen, das nicht gleich schon reden muss. Es fliessen Hände.


Text von Jona Jakob, Juli 2010 - Copyright Jona Jakob ©