Samstag, 9. Juni 2018

Die Bettstatt

Limbach genoss den Luxus eines guten und teuren Bettes. Er wusste um das Gestell, die Höhe, den Rost und den Aufbau von Materialien der Matratze selbst. Er erfuhr um die solide Getragenheit, edler und frischer Bettwäsche, leichter Daune oder gar Eider. Er kannte das alles. Doch bei allem verführerischem Dunst, den eine edle Bettstatt so zu verbreiten vermag, blieb er in sich selbst der Typ, der die einfache Bettstatt vorzog, den Boden, die Matratze, ein Laken, nicht selten bloss das Sofa, das Gästebett in einer Kammer. Limbach hatte mehr als die Hälfte seines Lebens in keinem normalen Bett geschlafen, was er erst im Rückblick erkannte - dann aber sich nicht daran stieß. Für ihn war das der Schlaf des Wandersmannes, des Gastes, dem Fremden. Dünner Schaumstoff, Decken, Ecken und wenig Licht lebte in ihm wie das Schlichte eine Stückes Brot mit Wasser, Tee oder Wein. Vielleicht war es ihm auch nur eine lieb gewonnene Weise, sich der Nähe von täglichen Menschen zu entziehen, Distanz zu finden, ungeteilt und alleine nächtigend, selbst in fremden Wohnungen in die Ferne verabschiedet mit "Schlaf gut, wir sehen uns morgen früh." - Wenn Limbach zeitweise doch in richtigen Betten schlief, dann meist, weil er eine Seele verwöhnen wollte, eine Liebste, die geborgen sein sollte, gehoben, warm und in ihren Schlaf vertrauend. Dann gab es da ein richtiges Bett. Aber er selber, er wäre nachts losgefahren und hätte auf der Rücklade des Wagens geschlafen, im Kombi, die Klappe offen, hart und mit dem Blick über etwas, das sich am Morgen erst zeigen sollte. Die Decke würde nach dem Radkastenriechen, etwas vertrocknet und für Erste Hilfe noch nie gebraucht. Und wie er auch unterwegs gewesen wäre, wäre er auch wo gegangen. Früh, leise, aber weg.

(r) Jona Jakob, 2018

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