Samstag, 27. Juli 2019

Mittagschlaf beim Hausarzt

Da die liebe Frau Jeanette Mensing eben ein Buch für das Wochenende im Wartezimmer beim Arztes empfahl, möchte ich von heute erzählen.

Ich war nämlich ebendies beim Arzt. Diesen habe ich ja im Verdacht, dass der mich einzig daher aufbietet, damit er für ein paar Minuten einen unterhaltsamen Gesprächspartner bei sich weiß.

Aber nochmal, der lässt mich auf 10:00 Uhr kommen. Um 10:10 Uhr spricht eine der netten Damen des Patientenmanagements "Herr Jakob, Sie können schon mal ins Besprechungszimmer eins." Wow, das ist seine persönliche Bude. Dunkelbraune Massivwand mit Rauchglasscheiben und eingelassenem Handwaschbecken aus moosgrünem Alabaster und Messingbeschlägen. Schwerer Schreibtisch mit distanzierendem Format, Lederstühle, Sofa, Deckenleuchte. Derrick forever, als er mir beim letzten Mal verrät, die Einrichtung schon vom Vorgänger übernommen zu haben. Aus Erfahrung und verzweifelten Hinweisen seitens der Ärzte weiß ich: Der Job muss einen massiven Anteil menschlicher Verlogenheit, Dämlichkeit und Gejammer mit sich bringen. Menschen am Laufband abzufertigen und sich das immer selbe Gejammer und Gestöhne anzuhören, dabei wäre man Akademiker. Der Zyniker damals in der Schweiz sagte mir beim ersten Termin: "Herr Jakob, noch etwas: Wenn Sie nur ein Zeugnis wollen, sagen Sie das gleich. Aber erzählen Sie mir keine Geschichten." Und so nun auch der Mediziner hier in DE, der wenig älter ist als ich und seine Zeit vermutlich fristet, wach, interessiert und sinnbildlich etwas mit Champus bekleckert, wenn er erst einmal eine meiner Antworten verdauen muss, auf all seine Beschwörungen. However ...

Jotter by JJ / Sony-Ericsson P800

Ich sitze also ab 10:10 Uhr in seinem Besprechungszimmer 'Derrick' und warte. Die letzten beide Male sass ich dann dort meine 30 Minuten, lieber hätte ich bei der BUNTE gewartet. Ich hasse es, eine Chance auf ein Wartezimmer in der Woche zu haben und dabei die BUNTE zu verpassen, egal wie alt schon. Wozu sonst gehe ich zum Frisör, Arzt, Autowaschanlage oder Termin bei der DEKRA - nur wegen der BUNTE.

Jetzt ist es so, um 11:00 Uhr habe ich täglich das Tief meiner Biokurve. Mir sackt der Kopf weg, ich höre nix mehr, ich will nur noch schlafen, Mittagsschlaf ist angesagt. Und den mache ich dann auch. In Derricks Salon, dem Besprechungszimmer Nr. 1 aus den 50er-Jahren meines Leibarztes. Ich bin mir nach dem zweiten Mal nun nur nicht sicher, ob er mich dort gütig schlafen lässt oder oder er ob das noch gar nicht mitbekommen hat, aber auch heute schlief ich dort, den Kopf im Nacken, meine 20 Minuten, bis ich wenige Minuten vor dem Guten aufwachte und Präsenz zeigen konnte.

Und klar, aus Gründen ist dann auch mein Blutdruck voll im guten Bereich, der Herr Doktor ist hochzufrieden.

Frieden ist vielleicht der Zauber an dem Moment, in dem die Zeit zu stehen geblieben scheint. Ungesund ist es bestimmt nicht.

Mit grossem Dank an meinen Lieblings-Doc und sein wunderbares Team.


(c) Jona Jakob - 2019, Aschaffenburg